Werbung mit wissenschaftlichen Studien: BGH zu irreführenden Anzeigen für Diabetes-Medikament

06.02.2013

Unternehmen dürfen nur mit wissenschaftlichen Studien werben, wenn sie dabei die gesamte Aussagekraft der Untersuchungen darstellen. In vielen Studien gebe es Einschränkungen, die keine eindeutigen Ergebnisse zuließen. Dies müsse in der Werbung erkennbar sein, urteilte der BGH am Mittwoch.

Das begeklagte Unternehmen, die Novo Nordisk Pharma GmbH, hatte in seinen Anzeigen darauf verwiesen, dass ihr Diabeteswirkstoff "Insulindetermir" weniger dick mache als das "Insulinglargin" der klagenden Konkurrenz, dem Unternehmen Sanvoi-Abentis. Dabei hatte es in einer Fußnote auf eine Studie verwiesen, die eben diese Wirkung belegen sollte. Laut Bundesgerichtshof (BGH) stelle diese Studie jedoch selbst einige ihrer Ergebnisse infrage und habe deshalb nur eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft (Urt. v. 06.02.2013, Az. I ZR 62/11).

"Solche aufklärenden Hinweise enthält die beanstandete Werbung nicht, obwohl die in Bezug genommene Studie Anlass dazu gegeben hat", urteilten die Karlsruher Richter. Damit habe der Heilmittelhersteller gegen den Grundsatz der Zitatenwahrheit verstoßen, es liege eine irreführende Werbung vor. Studienergebnisse seien für den Werbezweck nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt wurden. Sofern eine Studie aber nur eine eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft aufweise, müsse in der Werbung darauf hingewiesen werden.

Das Landgericht (LG) Berlin hatte die Klage des Unternehmens Sanvoi-Abentis zuvor abgewiesen, auch die Berufung vor dem Berliner Kammergericht (KG) blieb erfolglos. Dort war man der Ansicht, dass der Gewichtsvorteil, mit dem geworben wurde, dem wissenschaftlich gesichterten Stand entspreche.

Soweit es im Streitfall um vergleichbare Werbung ging, die nicht auf die Studie verweist, haben die Karlsruher Richter diese für rechtens erklärt hat. Der Grund: Der Nebeneffekt des Gewichtsvorteils sei bei "Insulindetermir" im offiziellen Zulassungsverfahren festgestellt worden. Auf diese Ergebnisse der Behördenprüfung dürfe sich ein Unternehmen berufen. Die Konkurrenz könne dagegen nur vorgehen, wenn sie auf neue wissenschaftliche Ergebnisse zur Widerlegung dieser Wirkung verweise, die bei der Zulassungsentscheidung noch nicht vorgelegen hätten.

una/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Werbung mit wissenschaftlichen Studien: . In: Legal Tribune Online, 06.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8110 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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