Auch bei einem Feuerwehreinsatz zur Brandbekämpfung begründet jeglicher Grad der Fahrlässigkeit eine Haftung wegen Amtspflichtverletzung. Einer Absenkung des Haftungsmaßstabs bedarf es nicht, entschied der BGH.
Die Stadt Baden-Baden haftet für die Schäden, die ihre Feuerwehr beim Löschen eines Gebäudes angerichtet hat. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschied, gilt auch in Notsituationen der öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehr kein reduzierter Haftungsmaßsstab (Urt. v. 14.06.2018, Az. III ZR 54/17).
Auf dem Grundstück eines Bio-Großhändlers in Baden-Baden hatte die Feuerwehr im Jahr 2010 beim Löschen eines Feuers giftigen Schaum eingesetzt, um eine weitere Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Der Schaum richtete allerdings großen Schaden im Erdreich und Grundwasser an. Die Stadt gab dem Großhändler daraufhin umfangreiche Maßnahmen zur Sanierung seines Grundstücks auf.
Vor Gericht verlangte der Grundstückseigentümer die Erstattung der bislang angefallenen und die Freistellung von künftigen Kosten für die Sanierung des Grundstücks sowie den Ersatz des Wertverlustes, den das Grundstück trotz durchgeführter Sanierung erlitten habe. Der von der Feuerwehr verwendete Löschschaum habe unter Berücksichtigung des dadurch verursachten Schadens nicht eingesetzt werden dürfen. Ein Ausbreiten des Brandes habe auch ohne den Einsatz des Schaums verhindert werden können. Das Landgericht hielt die Klage dem Grunde nach für berechtigt, das Oberlandesgericht wies die Berufung der Stadt zurück.
Keine Haftungsprivilegierung für Profis
Der BGH wies die Revision der Stadt nun ebenfalls zurück. Die Vorinstanz habe rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Entscheidung des Einsatzleiters der Feuerwehr, den schadstoffhaltigen Schaum zu verwenden, um einen Übergriff des Feuers auf weitere Gebäude zu verhindern, ermessensfehlerhaft und damit amtspflichtwidrig war und der Einsatzleiter dabei auch (einfach) fahrlässig handelte.
Dem Einsatzleiter und der Stadt komme nicht das Haftungsprivileg der Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr im Sinne von § 680 BGB zugute. Im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs gemäß § 839 Absatz 1 BGB begründe grundsätzlich jeglicher Grad von Fahrlässigkeit die Haftung wegen einer Amtspflichtverletzung. Dies gelte auch für die im Rahmen eines Noteinsatzes erfolgende öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr, so der BGH.
Einer Absenkung des Haftungsmaßstabes bedürfe es in solchen Fällen nach Auffassung der Richter nicht. Amtsträger, zu deren Pflicht die "berufsmäßige" Abwehr einer dringenden Gefahr gehört, seien typischerweise durch ihre Ausbildung und ihren Berufsalltag auf die hiermit verbundenen Noteinsätze vorbereitet. Das Risiko eines Fehlverhaltens solcher professionellen Nothelfer sei deutlich geringer als bei zufällig hinzutretenden Personen. Die für die Amtspflichtverletzungen ihrer Amtsträger haftenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften seien zudem gegen die mit Feuerwehreinsätzen verbundenen finanziellen Risiken und Kosten besser abgesichert als der private Nothelfer.
Würde dagegen für die öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr in Notsituationen ein reduzierter Haftungsmaßsstab gelten, "wären bedeutende Bereiche staatlicher Tätigkeit von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgenommen", entschied der BGH. Eine derartige Haftungsprivilegierung sei mit den Grundsätzen der Amtshaftung weder vereinbar noch erforderlich. Der besonderen Situation eines Noteinsatzes könne laut BGH auch im Rahmen der Prüfung des Vorwurfes der einfachen Fahrlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden.
acr/LTO-Redaktion
BGH zur Amtshaftung bei Brandbekämpfung: . In: Legal Tribune Online, 14.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29167 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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