BGH hebt Urteil des OLG München auf: Streit um faire Ver­gü­tung für "Das Boot"-Kame­ra­mann geht weiter

01.04.2021

Der späte Geldsegen für den Chef-Kameramann des Kinoerfolgs "Das Boot" bleibt vorerst aus. Ein Urteil des OLG München, das dem Kameramann einen Vergütungsaufschlag zuspricht, hatte vor dem BGH nun keinen Bestand. 

Der Chef-Kameramann des Erfolgsfilms "Das Boot" braucht in seinem Streit um eine angemessene finanzielle Beteiligung am Erfolg des Filmklassikers einen langen Atem. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Donnerstag ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München aus dem Jahr 2017 auf. Grund dafür ist, dass bei der komplizierten Berechnung der möglichen Ansprüche systematische Fehler gemacht worden seien, wie der Vorsitzende Richter Thomas Koch bei der Urteilsverkündung am Donnerstag in Karlsruhe erläuterte. Es muss nun erneut verhandelt werden (Urt. v. 01.04.2020, Az. I ZR 9/18).

Der Anfang der 80er Jahre produzierte Film spielte viele Millionen Euro ein. Kameramann Jost Vacano (87) hatte für seine Arbeit aber "nur" umgerechnet etwa 100.000 Euro erhalten. Seit 2002 gibt es im Urheberrecht für solche Fälle aber den sogenannten Fairnessparagrafen. Nach § 32 Urheberrechtsgesetz (UrhG) kann der Urheber eines Werkes, wenn die für die Einräumung seiner Rechte vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, nachträglich eine Änderung des Vertrags zu seinen Gunsten verlangen. § 32a UrhG sieht eine weitere Beteiligung des Urhebers vor, wenn dieser einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes stehen. Auf dieser Basis streitet Vacano seit mehr als einem Jahrzehnt für mehr Geld.

Die Klage, um die es jetzt ging, richtet sich gegen die Produktionsgesellschaft Bavaria Film, den Westdeutschen Rundfunk (WDR) und den Videoverwerter. Das OLG hatte Vacano insgesamt rund 438.000 Euro plus 150.000 Euro Zinsen zugesprochen. In einem Parallelverfahren in Stuttgart klagt Vacano gegen die übrigen acht ARD-Anstalten, die "Das Boot" vielfach ausgestrahlt hatten. Das OLG Stuttgart hatte einen Nachvergütungsanspruch für Vocano bejaht, der BGH monierte jedoch Berechnungsfehler.

Berechnungsgrundlage des OLG München ebenfalls fehlerhaft

Der BGH hob das Münchner Urteil nun auf und verwies die Sache zur neuen Entscheidung und Verhandlung zurück ans OLG. Das OLG habe bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis im Sinne von § 32a UrhG besteht, die vereinbarte Pauschalvergütung im Hinblick auf jeden Beklagten in voller Höhe zugrunde gelegt. Dabei habe das OLG nicht berücksichtigt, dass es bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem auf weitere Beteiligung in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten ankomme, so der BGH.

"Das heutige Urteil des BGH ist nicht überraschend", sagt Dr. Amit Datta, spezialisiert auf gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht im Berliner Büro von Hengeler Mueller. "Der Senat knüpft hier an die Leitlinien an, die er bereits im Februar vergangenen Jahres im Parallelverfahren aufgestellt hatte. Die ohnehin komplexe Rechtsanwendung des § 32a UrhG wird hierdurch weiter erschwert. Dies gilt insbesondere, wenn die Rechte von dem Vertragspartner des Urhebers – wie im vorliegenden Fall – unterlizensiert werden", so Datta weiter. "Für die Beteiligten wird es im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung häufig einfach unvorhersehbar bleiben, ob eine Nachvergütung überhaupt geschuldet ist". Dattas Auffassung nach sollten Beteiligte künftig deshalb schon lieber bei der Vertragsgestaltung auf die bestehenden kollektivvertraglichen Instrumente zurückzugreifen, um Rechtssicherheit zu schaffen.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BGH hebt Urteil des OLG München auf: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44640 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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