Eine Bank muss Namen und Anschrift eines Kontoinhabers nennen, wenn über dessen Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist. So hat es der BGH am Mittwoch entschieden.
Geldhäuser müssen bei einer Anfrage von betroffenen Firmen Name und Anschrift verdächtiger Kunden an die betroffenen Konzerne herausgeben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch (Urt. v. 21.10.2015, Az. I ZR 51/12). Die Banken könnten sich beim Verdacht von Produktfälschungen nicht auf das Bankgeheimnis berufen und die Auskunft verweigern. Die Richter gaben damit dem Parfüm- und Kosmetikkonzern Coty recht. Das Unternehmen darf nun von der Stadtsparkasse Magdeburg erfahren, wer 2011 auf der Internetplattform Ebay gefälschte Davidoff-Produkte angeboten hat.
Die Imitate von "Davidoff Hot Water" waren von einem Verkäufer namens "sandyundbert2009" eingestellt worden. Coty gehören unter anderem die Rechte an diesem Parfüm. Der Konzern kaufte, prüfte und stellte schnell fest, dass es sich um Fälschungen handelte. Eine Anfrage bei der Internet-Plattform über den Verkäufer der Imitate führte nicht weiter. Das Unternehmen wandte sich daraufhin an die Sparkasse, über deren Konto die Geschäfte abgewickelt worden waren. Eine Umsatzanalyse ergab, dass in einem Monat etwa 11.000 Euro auf das Konto geflossen waren. Unter Berufung auf das Bankgeheimnis gab das Geldhaus aber Name und Anschrift des Kontoinhabers nicht heraus. Coty klagte - und verlor beim Oberlandesgericht (OLG) Naumburg.
BGH hatte Fall dem EuGH vorgelegt
Die Revision des Unternehmens hatte jetzt Erfolg. Der BGH hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3e der RiLi 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unterfallen und - wenn dies der Fall sein sollte - ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben müsse.
Der BGH hat auf Grundlage des EuGH-Urteils (Urt. v. 16.07.2015, Az: C-580-13) entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschrift des Kontoinhabers zusteht. Die Bestimmung des § 19 Abs. 2 S. 1, 2. HS Markengesetz (MarkenG) sei unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass ein Bankinstitut nicht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) die Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern dürfe, wenn das Konto für den Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit einer offensichtlichen Markenverletzung genutzt worden sei. Das Grundrecht des Kontoinhabers auf Schutz der persönlichen Daten nach Art. 8 EU-Grundrechtecharta und das Recht der Bank auf Berufsfreiheit nach Art. 15 EU-Grundrechtecharta müssten hinter den Grundrechten der Markeninhaberin auf Schutz des geistigen Eigentums und einen wirksamen Rechtsschutz zurücktreten.
Banken müssten die gewünschten Auskünfte daher bei leicht erkennbaren Produktfälschungen herausgeben. "Wenn die Betriebs- und Zahlungswege verschleiert werden, ist das der einzige Weg für die Rechteinhaber, an die Rechtsverletzer heranzukommen", sagte der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Büscher in Karlsruhe.
Einleitung von Strafverfahren steht Auskunftsanspruch nicht entgegen
Eine solche offensichtliche Rechtsverletzung lag im aktuellen Fall vor. "Schon die Verpackung wies nicht die Originalfarben auf. Das war leicht zu erkennen", sagte der Anwalt von Coty. Die Firma hat angekündigt, den Kontoinhaber auf Unterlassung und Schadenersatz zu verklagen. Letztendlich wolle sie auch an die Produzenten der Imitate herankommen, die häufig in China oder Polen säßen.
Der Konzern müsse sich nicht auf eine Strafanzeige verweisen lassen und damit auf die Möglichkeiten der Staatsanwaltschaft, die Herausgabe der Daten von der Bank zu erzwingen. "Ein Strafverfahren ist nicht dazu da, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen", sagte Büscher. Produktfälschungen kosten die deutsche Wirtschaft jährlich Milliarden Euro.
dpa/acr/LTO-Redaktion
BGH zu Bankgeheimnis: . In: Legal Tribune Online, 22.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17302 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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