Die Klägerin verlangt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatz für den Verlust von Reisegepäck. Der BGH hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehe der Ersatzanspruch nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Montréaler Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28. Mai 1999 (MÜ) nicht nur demjenigen Reisenden zu, der die Aufgabe seines Gepäcks durch einen Gepäckschein nach Art. 3 Abs. 3 MÜ dokumentieren kann.
Die Klägerin war mit ihrem Lebensgefährten von Frankfurt am Main nach Malaga geflogen. Dabei ging die von ihr als Reisegepäck aufgegebene Golfreisetasche verloren. Nach ihrem Vortrag befand sich in der Tasche außer ihrer eigenen auch die Golfausrüstung ihres Lebensgefährten.
Schadensersatz für Letztere wollten die Vorinstanzen nicht zubilligen. Sie hatten die Klage abgewiesen, soweit der geltend gemachte Betrag den Haftungshöchstbetrag nach Art. 22 Abs. 2 S. 1 MÜ überstieg. Die Klägerin könne über diesen Haftungshöchstbetrag hinaus weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht Schadensersatz verlangen.
Die Vorinstanzen: Schadensersatz nur über den Gepäckschein
Bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck sei Anspruchsberechtigter nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ derjenige, der das Gepäck aufgegeben und dadurch zum Objekt des Luftbeförderungsvertrags gemacht habe. Dabei müsse eine Verbindung zwischen dem Reisenden und dem Gepäck gegeben sein. Diese Zuordnung werde durch den nach Art. 3 Abs. 3 MÜ vom Luftfrachtführer auszuhändigenden Gepäckschein dokumentiert. Und über diesen verfügte eben nur die Klägerin, nicht aber ihr Lebensgefährte.
Zwar müsse auch ein Passagier, der Eigentum im Gepäck eines Mitreisenden verloren habe, Schadensersatzansprüche gegenüber dem Luftfrachtführer geltend machen können. Er könne aber, so die Vorinstanzen, keinen Ersatz mehr verlangen, wenn der Mitreisende, der das betreffende Gepäckstück aufgegeben habe, für den Verlust bereits die höchstmögliche Entschädigung nach den Vorschriften des MÜ erhalten habe.
BGH: Ansprüche bis zur Höchstgrenze - für jeden Reisenden
Das sah nun der Bundesgerichtshof (BGH) anders: Da der Gepäckschein als Legitimationspapier nach § 808 BGB nicht den Anspruch auf Herausgabe des aufgegebenen Reisegepäcks verbriefe, könne auch die Geltendmachung des Ersatzanspruchs bei Verlust des Gepäcks nicht an die Vorlage eines Gepäckscheins geknüpft werden.
Der Anspruch nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ stehe daher auch einem Reisenden zu, der ihm gehörende Gegenstände in einem Gepäckstück eines anderen Mitreisenden in die Obhut des Luftfrachtführers gegeben habe. Dabei sei der Anspruch auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Haftungshöchstgrenze nach Art. 22 Abs. 2 MÜ mit der Befriedigung der Ansprüche des Reisenden, der das verloren gegangene Gepäckstück aufgegeben habe, bereits ausgeschöpft sei.
Art. 22 Abs. 2 Satz 1 MÜ bemesse
die Haftungshöchstgrenze nach seinem Wortlaut ausdrücklich je Reisenden.
tko/LTO-Redaktion
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