Die Namensänderung eines Kindes war bisher ohne Zustimmung beider Elternteile nur bei vorliegender Kindeswohlgefährdung möglich. Zukünftig soll das aber keine Voraussetzung mehr für eine Umbenennung sein, entschied der BGH.
Die Hürden für eine Namensänderung von Kindern sind hoch. Bislang verlangte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Kindeswohlgefährdung. Diese strenge Rechtsprechung hat der BGH nun aufgegeben: Eine Gefährdung des Kindeswohls ist künftig nicht mehr Voraussetzung, damit das Familiengericht die sogenannte Einbenennung ohne Zustimmung beider Elternteile anordnen kann. Das geht aus einem Beschluss von Ende Januar hervor, der am Montag aus Karlsruhe veröffentlicht wurde (Beschl. v. 25.01.2023, Az. XII ZB 29/20).
Thema sei für Kind extrem belastend
In dem Fall aus Hessen wird darum gestritten, ob ein 2008 geborenes Mädchen den Nachnamen ihres Stiefvaters und eines jüngeren Geschwisterkindes annehmen kann, den seit der Heirat auch ihre Mutter trägt. Der eigene Vater, zu dem das Kind seit Jahren keinen Kontakt hat, hatte dem nicht zugestimmt. Zuletzt hatte das Frankfurter Oberlandesgericht verfügt, dass das Mädchen ihren Namen trotzdem ändern darf. Für das Kind sei das Thema so belastend, dass es den Tränen nahe sei, sobald es darum gehe.
Nach der BGH-Entscheidung muss das allerdings noch einmal genauer geprüft werden. Der Gesetzgeber habe die Anforderungen bei einer Kindschaftsrechtsreform 1997 bewusst verschärft: Vorher konnten Familienrichter die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen und den neuen Nachnamen genehmigen, wenn das "dem Kindeswohl dienlich" war – seither nur noch, wenn es "für das Kindeswohl erforderlich" ist. So ist es in § 1618 Satz 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) normiert.
Für das Kriterium der Erforderlichkeit sei laut BGH eine umfassende Abwägung der Kindeswohlbelange und des Kontinuitätsinteresses des namensgebenden Elternteils vorzunehmen. Dass ein Kind genauso heißen will wie seine Halbgeschwister, reiche alleine nicht aus, heißt es in dem Beschluss aus Karlsruhe. Auch nicht, dass es in der Schule vielleicht erklären muss, warum es einen anderen Namen hat. Der Gesetzgeber habe gewollt, dass die Namenskontinuität die Regel ist.
Doppelname als "mildere Maßnahme"
Ein Punkt ist aber neu: In älteren Entscheidungen hatte der BGH angenommen, dass die Umbenennung durch das Familiengericht nur dann erforderlich ist, wenn konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden. Das ist den Richtern inzwischen zu streng. Sie entschieden, an dieser Linie nicht weiter festzuhalten.
Die Frankfurter Richter sollen nun auch prüfen, ob nicht ein Doppelname in Betracht komme. Wenn diese "mildere Maßnahme" den Belangen des Kindes entspreche, sei laut BGH diese Lösung zu präferieren.
dpa/lp/LTO-Redaktion
BGH lockert Anforderungen: . In: Legal Tribune Online, 20.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51108 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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