Im Jahr 2014 töteten "Hells Angels" den Rivalen ihres Anführers. Der BGH bestätigte nun die Mordurteile. Einen Vollstreckungsabschlag gibt es für die Angeklagten auch nicht: Straftäter hätten keinen Anspruch auf Eingreifen einer Behörde.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Urteile im sogenannten Berliner Wettbüro-Mordfall weitgehend bestätigt. Nur in einem Fall muss die Vorinstanz, das Landgericht (LG) Berlin, noch einmal entscheiden. Allerdings hob der BGH den vom LG verhängten Vollstreckungsabschlag von zwei Jahren auf (Urt. v. 07.02.2022, Az. 5 StR 542/20*).
Der ungewöhnliche Fall spielte sich im Januar 2014 ab. Der wegen Anstiftung zum Mord angeklagte Anführer einer Berliner Gruppierung der "Hells Angels" beauftragte unter anderem die nun Mitangeklagten, seinen langjährigen Rivalen zu töten. Zusammen mit weiteren "Hells Angels"-Mitgliedern suchten sie diesen sodann in seinem Stammlokal in einem Berliner Wettbüro auf. Nachdem sie überfallartig dort eingedrungen waren, gab einer der Angeklagten dem Tatplan entsprechend binnen Sekunden mehrere Schüsse auf das arglose Opfer ab.
Das LG Berlin hatte dies im Jahr 2019 als heimtückische und aus niedrigen Beweggründen begangene Tötung gewertet. Deshalb hatte es die am Tatort Anwesenden wegen Mordes (§ 211 StGB) und den Auftraggeber wegen Anstiftung zum Mord (§§ 211, 26 StGB) verurteilt. Allerdings gewährte das LG den Angeklagten jeweils einen sogenannten Vollstreckungsabschlag von zwei Jahren – sprich zwei Jahre galten als bereits verbüßt.
Der Grund: Das Gericht ging von einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) aus. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass Kräfte des Landeskriminalamts (LKA) Berlin den "Dingen ihren Lauf" ließen, obwohl sie bereits Ende Oktober 2013 Kenntnis von einer im Raum stehenden Tötung des späteren Tatopfers durch die Berliner "Hells Angels" erlangt hätten. In dem Zusammenhang war auch gegen drei LKA-Beamte ermittelt worden. Diese Verfahren wurden 2019 eingestellt.
Revisionen der StA erfolgreich
Während die Staatsanwaltschaft (StA) gegen diesen Vollstreckungsabschlag die Revision zum BGH anstrebte, rügten die Angeklagten dagegen die Verletzung sachlichen Rechts und brachten auch zum Teil umfangreiche Verfahrensbeanstandungen vor.
Die Revisionen der Angeklagten verwarf der BGH nun als unbegründet. Die Karlsruher Richter:innen konnten keine Rechtsfehler erkennen. Nur im Fall eines Mannes bestätigte der BGH zwar den Schuldspruch wegen Mordes, hob jedoch wegen einiger Rechtsfehler bei der Begründung der Ablehnung einer Strafmilderung den Strafausspruch auf. Nur insoweit müsse das LG nun nochmal entscheiden.
Erfolgreicher waren dagegen die Revisionen der StA. Der BGH hob den Rechtsfolgenausspruch des LG-Urteils in Bezug auf den Vollstreckungsabschlag auf. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liege nicht vor. Es existiere kein Anspruch eines Straftäters auf Einschreiten der Strafverfolgungsorgane gegen ihn.
pdi/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
*Aktenzeichen korrigiert am 11.08.2022, 11:35 Uhr
BGH zum "Berliner Wettbüro-Mordfall": . In: Legal Tribune Online, 07.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47451 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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