Der BGH hat die in der Rechtsprechung umstrittene Frage, ob das Fälschen von Corona-Impfbescheinigungen nach alter Rechtslage strafbar war, mit ja beantwortet. Erfüllt ist der Tatbestand der Urkundenfälschung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass das Fälschen von Impfbescheinigungen nach alter Rechtslage als Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB strafbar war und keine Strafbarkeitslücke bestand. Der 5. Strafsenat in Leipzig hob mit der Entscheidung einen Freispruch des Landgerichts (LG) Hamburg auf und verwies die Sache zur neuen Entscheidung und Verhandlung an eine andere Strafkammer zurück (Urt. v. 10.11.2022, Az. 5 StR 283/22).
Das LG hatte einen Mann, der in neun Fällen gefälschte Impfbescheinigungen ausgestellt hatte, vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung freigesprochen. Der Angeklagte trug angebliche Corona-Impfungen in Impfpässe ein und versah sie mit falschen Stempeln und Unterschriften. Die gefälschten Bescheinigungen sollten Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen vorgelegt werden.
Seit dem 24. November 2021 ist ein solches Verhalten als Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses – darum handelt es sich bei Impfausweisen – gem. § 279 StGB strafbar. Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 a.F. StGB schied zur Tatzeit aus, da die Vorschrift in der zur Tatzeit geltenden Fassung eine Verwendung der falschen Bescheinigungen bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte. Die Vorlage bei Apotheken oder in der Gastronomie war nicht von der Norm umfasst.
Keine Sperrwirkung gegenüber Urkundenfälschung
Ob das Vorzeigen des gefälschten Impfpasses auch vor der Gesetzesänderung strafbar war, war in der Rechtsprechung umstritten. Nach Ansicht mehrerer Landes- und Oberlandesgerichte kam auch eine Bestrafung wegen Urkundenfälschung nach § 267 StGB nicht in Betracht. Die Sondervorschriften über Gesundheitszeugnisse entfalten nämlich eine Sperrwirkung, die der Annahme einer strafbaren Urkundenfälschung entgegenstehe. Die Oberlandesgerichte in Hamburg, Stuttgart, Schleswig und Celle hatten sich gegen eine Sperrwirkung ausgesprochen. Das OLG Karlsruhe hatte die Frage bereits dem BGH vorgelegt.
Auch das LG Hamburg hatte in dem Fall in § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gesehen, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verbietet. Der BGH beanstandete diese Ansicht als rechtsfehlerhaft. Bei § 277 StGB a.F. handele es sich laut BGH nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. "Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen", hieß es. Erst recht entfalte § 277 StGB a.F. keine Sperrwirkung gegenüber der Urkundenfälschung, wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie im Fall - nicht (vollständig) erfüllt sei.
acr/LTO-Redaktion
BGH klärt umstrittene Frage: . In: Legal Tribune Online, 10.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50139 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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