Die vereinfachten Möglichkeiten der Beschlagnahme des Vermögens von Straftätern werden zum Fall für das BVerfG. Der BGH hält die rückwirkende Anwendung der seit Juli 2017 geltenden Regelungen in bestimmten Fällen für verfassungswidrig.
Seit 2017 können Gerichte und Staatsanwaltschaften illegal zustande gekommenes Vermögen leichter beschlagnahmen. Grund dafür ist eine Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, mit der der Gesetzgeber erreichen wollte, dass sich Straftäter auch dann nicht ihrer Beute sicher sein konnten, wenn die Tat strafrechtlich bereits verjährt ist. Das sollte sogar für solche Fälle gelten, in denen die Tat bereits vor dem Inkrafttreten der Reform verjährt war.
An dieser Rückwirkung äußerten die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) nun verfassungsrechtliche Zweifel und schalteten deshalb das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein (Az. 3 StR 192/18). Dort soll nun geklärt werden, ob eine solche Rückwirkung nicht gegen die Prinzipien der Rechtsicherheit und des Vertrauensschutzes verstoße, wie die Richter am BGH ihre Zweifel begründeten.
Sinn der Verjährungsvorschriften sei es, nach Ablauf einer bestimmten Zeit Rechtssicherheit herzustellen. Nach Ablauf dieser Zeit dürfe ein Straftäter aber davon ausgehen, dass er im Nachhinein nicht doch noch sanktioniert wird. Genau das scheint aber für die Richter des BGH problematisch. Denn für solche sogenannten echten rückwirkenden Gesetze gelten strenge verfassungsrechtliche Voraussetzungen. Ob diese erfüllt sind, müssen nun die Verfassungsrichter prüfen. Auch Anwälte hatten die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung bereits aufgeworfen.
Im konkreten Fall geht es um die Beschäftigung Hunderter bulgarischer Arbeiter ohne Genehmigung in einem Geflügelbetrieb in Niedersachsen. Das Landgericht Oldenburg (LG) sprach die beiden Verantwortlichen 2017 wegen Verjährung frei. Von dem Unternehmen sollen aber mehr als zehn Millionen Euro eingezogen werden. Gegen diese Entscheidung wehrt sich der Betrieb mit seiner Revision beim BGH.
dpa/tik/LTO-Redaktion
Vorlagebeschluss an BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34263 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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