Ein Mordprozess muss komplett neu aufgerollt werden. Der BGH hob das Urteil aus 2015 auf, weil die Kölner Kammer sich verrechnet hat.
Es war kein einfacher Fall. 30 Verhandlungstage dauerte es, bis das Landgericht (LG) Köln im August 2015 einen Mann wegen Mordes und Totschlags verurteilte. Die Arbeit dürfte größtenteils vergebens gewesen sein. Man hat sich verrechnet - und das Urteil ist hinfällig. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 03.05.2016, Az. 2 StR 157/16) wurde am Donnerstag veröffentlicht, das LG bestätigte den Vorgang.
Gemäß § 275 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) berechnet sich die Frist, innerhalb derer ein Urteil mit Stempel und Unterschrift bei den Akten sein muss, nach der Zahl der Verhandlungstage. Nach Angaben eines Kölner Gerichtssprechers gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sei es dabei zu einem "Rechenversehen" bei der zuständigen Kammer gekommen - die Frist wurde gerissen. Nun muss der Prozess komplett von vorne beginnen. Demnach müssen auch alle Zeugen noch mal vernommen werden. Der BGH entschied, dass dafür eine andere Kammer des Landgerichts zuständig sein soll.
Das LG hatte am 25. August 2015 einen damals 53-Jährigen wegen Mordes und Totschlags zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm war vorgeworfen worden, in Bergisch Gladbach eine Bekannte mit einem Beil erschlagen zu haben, nachdem sich die beiden um die Rückzahlung seiner Schulden gestritten hätten. Als sich die 84 Jahre alte Mutter der Frau genähert habe, soll der Angeklagte auch ihr mit dem Beil den Schädel zertrümmert haben. Der Vorsitzende Richter Heinz Hemmers sprach damals von einer "Gewaltexplosion", die Kammer stellte eine besondere Schwere der Schuld fest.
Nach 30 Hauptverhandlungstagen sei die sogenannte Urteilsabsetzungsfrist am 10. November 2015 abgelaufen, stellte nun der BGH fest. Tatsächlich sei das Urteil aber erst am 23. November bei den Akten gewesen. Damit liege der unbedingte Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO vor.
nas/dpa/LTO-Redaktion
Urteilsabsetzungsfrist nicht eingehalten: . In: Legal Tribune Online, 16.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19694 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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