BGH zu Gerichtsstand Chemnitz: Pro­zess gegen Syrer bleibt in Sachsen

12.03.2019

Nach dem Tod von Daniel H. wütete ein rechter Mob in Chemnitz. Der Prozess gegen die angeklagten Asylbewerber muss laut BGH aber nicht in ein anderes Bundesland verlegt werden. Das LG Chemnitz könne unbeeindruckt und angstfrei urteilen.

Der Prozess gegen die Asylbewerber, denen vorgeworfen wird, am 26. August 2018 in Chemnitz den Deutsch-Kubaner Daniel H. durch Messerstiche getötet und einen anderen Mann lebensgefährlich verletzt zu haben, verbleibt in Sachsen. Einen Antrag eines Verteidigers, die Untersuchung und Entscheidung einem Landgericht außerhalb der Bundesländer Sachsen, Thüringen und Brandenburg zu übertragen, wies der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag ab (Beschl. v. 12.03.2019, Az. 2 ARs 69/19 und 2 AR 48/19).

Die Tat war der Auslöser für gewalttätige Auseinandersetzungen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes. Rechte und rechtsextreme Gruppen hatten zu Demonstrationen aufgerufen, es kam zu fremdenfeindlich motivierten Straftaten. Die Polizei hatte die Gewaltbereitschaft und die Teilnehmerzahl zunächst unterschätzt. 

Nach Ansicht der Verteidigung könne sich das anlässlich des Strafprozesses beim Landgericht (LG) Chemnitz wiederholen. Insbesondere sei wegen der in diesem Jahr stattfindenden Landtagswahlen mit rechtsgerichteten und ausländerfeindlich motivierten Demonstrationen sowie mit massiven, von der Polizei nicht beherrschbaren Ausschreitungen zu rechnen. Angesichts dieses Gewaltpotentials könnten die Verfahrensbeteiligten nicht unbeeindruckt und angstfrei urteilen, argumentierte die Verteidigung. Zudem bestünde die Gefahr, dass das Gedankengut der rechten Demonstranten seitens der Justizmitarbeiter geteilt werde.

BGH: "Druck der Straße" beeidruckt LG nicht

Der BGH lehnte es am Dienstag jedoch ab, das Verfahren gemäß § 15 Strafprozessordnung (StPO) an ein Landgericht eines anderen Bundeslandes zu übertragen. Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass das LG Chemnitz die Verhandlung in einem besonders gesicherten Saal des Oberlandesgerichts Dresden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durchführen werde. 

Dafür, dass die Justiz- und Sicherheitsbehörden des Landes Sachsen nicht in der Lage wären, den von dem Angeklagten geltend gemachten Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam zu begegnen, sei nichts ersichtlich, befand der BGH. Ebenso wenig bestünden die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass die Richter des LG Chemnitz das Gedankengut rechter Demonstranten teilen, bzw. "unter dem Druck der Straße" nicht unbeeindruckt und angstfrei urteilen könnten.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Gerichtsstand Chemnitz: . In: Legal Tribune Online, 12.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34337 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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