BFH zur elektronischen Steuererklärung: Nicht jede Lücke ist grob fahr­läs­sig

24.06.2015

Steuerpflichtige, die im Rahmen der elektronischen Steuererklärung ihren Verlustbetrag versehentlich nicht ins entsprechende Feld eingeben, dürfen diesen auch noch nachträglich angeben. Das entschied der BFH.

Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hat entschieden, dass Finanzämter die nachträgliche Berücksichtigung eines Verlustes des Steuerpflichtigen nicht verweigern dürfen, weil der Betroffene es schlicht vergessen hatte, den Betrag in das entsprechende Feld des EDV-Programms zur elektronischen Steuererklärung einzutragen. Auch in solchen Fällen greift § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO), wonach Tatsachen, die die Steuerlast mindern, noch nachträglich berücksichtigt werden müssen (Urt. v. 10.02.2015, Az. IX R 18/14).

Geklagt hatte ein Mann, der im Jahr 2007 einen berücksichtigungsfähigen Verlust erzielt und hierüber auch seinem Steuerberater in Kenntnis gesetzt hatte. Dieser vergaß dann allerdings, die Angaben zum Verlust in die von ihm gefertigte elektronische Steuererklärung zu übertragen. Das entsprechende Feld des Programms blieb leer – und das Finanzamt ahnungslos.

Erst im Jahr 2011 beantragte der Steuerpflichtige, den Verlust nachträglich zu berücksichtigen, was das Finanzamt allerdings mit Verweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ablehnte. Nach der Vorschrift können nämlich nur solche "neuen" Tatsachen berücksichtigt werden, die nicht aufgrund groben Verschuldens des Steuerpflichtigen nachträglich bekannt geworden sind. Zwar habe der Mann nicht selbst schuldhaft gehandelt, jedoch habe sein steuerlicher Berater grob fahrlässig den Übertrag des Verlustbetrages vergessen, hieß es seitens des Finanzamts. Das müsse sich der Mann zurechnen lassen, so die Einschätzung, der sich auch das zuständige Finanzgericht anschloss und die Klage des Steuerpflichtigen abwies.

Übertragungsfehler kommen vor

Diese Entscheidung hoben die Münchener Richter jetzt auf. Der Begriff des Verschuldens im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei bei elektronischen Erklärungen in gleicher Weise auszulegen, wie bei schriftlichen. Allerdings müssten hier Besonderheiten beachtet werden. So könne es im Gegensatz zur Erklärung in Papierform unübersichtlicher sein, sämtliche Felder der Erklärung am Computerbildschirm auszufüllen. Dies müsse berücksichtigt werden, wolle man dem Steuerpflichtigen ein Verschulden vorwerfen. Denn für ein individuelles Fehlverhalten trage das Finanzamt die Beweislast, stellte der BFH klar.

Zugunsten des Steuerpflichtigen stellten die Richter zudem fest, dass es hier zu einem (unbewussten) Fehler gekommen sei, der jederzeit bei der Verwendung des Steuerprogramms unterlaufen könne, welches den Finanzämtern die Erfassungsarbeit von Steuererklärungsdaten abnehme. Solche bloßen Übertragungsfehler seien Nachlässigkeiten, die üblicherweise vorkämen und mit denen immer gerechnet werden müsse, so die Entscheidung. Sofern sie auch bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden seien, dürften sie nicht als grob fahrlässig eingestuft werden.

Das zuständige Finanzgericht muss den Fall nun erneut prüfen und insbesondere der Frage nachgehen, ob den Steuerberater ggf. aus anderen Gründen ein grobes Verschulden treffen könnte. Das "schlichte Vergessen" reicht jedenfalls nicht.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BFH zur elektronischen Steuererklärung: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15976 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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