Beschneidungs-Debatte: Bundestag beschließt Gesetzentwurf

12.12.2012

Juden und Muslime reagierten empört, als ein Gericht im Mai die Beschneidung eines Jungen als Körperverletzung wertete. Der Bundestag hat nun ein Gesetz beschlossen, das klar sagt: Der Eingriff ist zulässig. Obwohl einige Abgeordnete das für Unrecht hielten, wurde ein alternativer Entwurf aus Teilen der Opposition abgelehnt. Der Bundesrat soll bereits am kommenden Freitag abstimmen.

Die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen bleibt in Deutschland erlaubt. Nach monatelangen hitzigen Debatten beschloss der Bundestag am Mittwoch einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, wonach ein solcher Eingriff auch in Zukunft zulässig ist.

Voraussetzung ist, dass der Eingriff "nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt" durchgeführt wird. Das bedeutet unter anderem, dass der Junge im Zweifel eine Betäubung oder Narkose erhält. Solange das Kind höchstens sechs Monate alt ist, sollen zudem nicht nur Ärzte den Eingriff vornehmen dürfen, sondern auch ausgebildete Beschneider.

Alternativer Gesetzesentwurf abgelehnt

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte, das Gesetz bedeute eine Rückkehr zur Normalität. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mahnte, es wäre unerträglich, wenn Deutschland das erste
Land in Europa wäre, das Beschneider mit einem Staatsanwalt verfolge. Er warf Schwarz-Gelb allerdings mangelnde Gesprächsbereitschaft über
die Ausgestaltung einer Regelung vor. Der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz sprach dagegen von "gesetzlichem Unrecht". Der Entwurf ignoriere die schweren gesundheitlichen Risiken des Eingriffs.

Einige Abgeordnete beklagten einen Rückschlag für die Kinderrechte in Deutschland. Abgelehnt wurde ein alternativer Gesetzentwurf, den 66 Abgeordnete von SPD, Linken und Grünen eingebracht hatten. Sie wollten Beschneidungen erst ab einem Alter von 14 Jahren erlauben. Zudem sollte nach ihrem Willen nur ein Arzt beschneiden dürfen.

Auch einige Änderungsanträge blieben erfolglos: Mehrere Parlamentarier hatten durchsetzen wollen, dass eine Rechtsverordnung Mindeststandards für die Schmerzbehandlung und die Ausbildung von Beschneidern regelt. Auch zur Frist für einen Eingriff durch Nicht-Ärzte hatte es alternative Vorschläge gegeben.

"Wichtiges Politisches Signal"

Der Zentralrat der Juden wertete die Entscheidung als wichtiges politisches Signal. Präsident Dieter Graumann sagte: "Das bedeutet, dass jüdisches und muslimisches Leben hier willkommen ist." Hingegen sprach ein Bündnis von Organisationen - darunter der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Terre des Femmes und die Deutsche Kinderhilfe - von einem schwarzen Tag für die Kinderrechte.

Auslöser der Debatte war ein Urteil des Kölner Landgerichts, das im Mai die rituelle Beschneidung eines minderjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft hatte. Dies führte zu einer Protestwelle von Juden und Muslimen, bei denen die Beschneidung zur Religion gehört.

dpa/una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Beschneidungs-Debatte: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7775 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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