Der Bund entschied sich für eine Bewerberin, die bislang Präsidentin eines Finanzgerichts war. Dagegen wehrten sich einige unterlegene Bewerberinnen und Bewerber – zu Recht, wie der BayVGH nun entschied.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit am Montag veröffentlichten Beschlüssen drei Beschwerden der Bundesrepublik Deutschland zurückgewiesen und damit die Stellenbesetzung für das Vizepräsidentenamt vorläufig untersagt (Beschl. v. 1.2.2022, Az. 6 CE 21.2708 u.a.).
Schon lange schwelt der Streit um die Besetzung der Stelle der Präsidentin oder des Präsidenten sowie der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten des Bundesfinanzhofs (BFH). Nachdem mit Dr. Hans-Josef Thesling kürzlich ein Präsident ernannt wurde, ging der Streit um die Stelle seines oder seiner Vize nun vor dem BayVGH in eine neue Runde.
Die Stelle ist seit dem 1. November unbesetzt, was der BFH bereits deutlich kritisierte. Das Bundesjustizministerium (BMJ) hatte sich für die Kandidatin Anke Morsch entschieden, die aktuell als Präsidentin eines Finanzgerichts tätig ist. Ebenfalls im Rennen waren drei Vorsitzende Richterinnen und Richter des BFH.
Diese erhoben nach der Auswahlentscheidung des Bundesjustizministeriums Eilanträge beim Verwaltungsgericht (VG) München. Dieses gab den Anträgen im Oktober 2021 statt und untersagte der Bunderepublik die Neubesetzung der Stelle, solange keine neue Auswahlentscheidung getroffen würde, die der Rechtsauffassung des Gerichts entspreche. Dagegen legte der Bund jeweils Beschwerde ein.
Kein Gleichstand der Bewerber:innen
Diese Beschwerden wies der BayVGH nun zurück und bestätigte die Auffassung des Verwaltungsgerichts. Mit seiner Auswahlentscheidung habe der Bund die drei Konkurrentinnen und Konkurrenten in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz verletzt. Der Leistungsvergleich der Bewerberinnen und Bewerber anhand der dienstlichen Beurteilungen, den der Bund angestellt habe, sei rechtsfehlerhaft – und dies unabhängig davon, ob das Bundesjustizministerium beim Anforderungsprofil für die Stelle zulässigerweise auf eine richterliche am BFH habe verzichten dürfen.
Das Bundesjustizministerium habe, so der BayVGH, weder von einem Gleichstand der Bewerberin mit ihren Mitbewerberinnen und Mitbewerbern vom BFH noch von einem Vorsprung ausgehen dürfen. Zunächst seien die Beurteilungen nicht vergleichbar, da die der Finanzgerichtspräsidentin von einem Landesdienstherrn stamme und nicht klar sei, welches Anforderungsprofil dem zugrunde gelegt worden sei. Außerdem sei nicht berücksichtigt worden, dass die drei Bewerberinnen und Bewerber vom BFH viel höhere Statusämter innehaben (Besoldungsgruppe R8) als die andere Kandidatin (Besoldungsgruppe R5).
Grundsätzlich gelte nun, dass der im höheren Statusamt erzielten Beurteilung ein höheres Gewicht beizumessen sei. Umstände, die ein Abweichen davon rechtfertigen würden, waren laut BayVGH nun nicht ersichtlich. Damit war die Auswahlentscheidung des Bundes rechtsfehlerhaft. Der Bund kann die Stelle nun erst besetzen, wenn er eine neue Entscheidung trifft.
Gegen die Beschlüsse gibt es keine Rechtsmittel.
ast/LTO-Redaktion
Nach BayVGH-Beschlüssen: . In: Legal Tribune Online, 07.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47445 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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