Die Einreisequarantäne-Verordnung Bayerns während der Corona-Pandemie war unwirksam, entschied der Bayerische VGH am Mittwoch. Die bloße Einreise aus einem Risikogebiet begründe noch keinen hinreichenden Ansteckungsverdacht.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat zeitweise geltende Vorgaben des Freistaats Bayern zur Quarantäne nach einer Einreise während der Pandemie für unwirksam erklärt (Urt. v. 02.08.2023, Az. 20 N 20.2861). Die Einreise aus einem Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet, den für eine Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz erforderlichen Ansteckungsverdacht zu begründen. Ein Ansteckungsverdacht verlange regelmäßig eindeutige Symptome und eine entsprechende Anamnese oder einen Kontakt mit einer infizierten Person.
Die für unwirksam erklärte bayerische Verordnung wurde am 5. November 2020 erlassen. Sie sah vor, dass Personen, die nach Bayern einreisen und sich innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, unverzüglich nach der Einreise für zehn Tage in Quarantäne müssen.
Als Risikogebiet stufte die Verordnung Staaten oder Regionen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ein, für die zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus bestand. Bei der Einstufung als Risikogebiet war die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts maßgeblich.
Bayerns Inzidenz teilweise höher als die der "Risikogebiete"
Gegen diese Regel hatte ein Ehepaar aus München geklagt, das während der Pandemie eine Reise in eine Region geplant hatte, die als Risikogebiet eingestuft war. Aus ihrer Sicht hat die Einreisequarantäne ihre Freiheitsrechte beschnitten. Zudem bemängelten sie eine Ungleichbehandlung mit inländischen Risikogebieten. Bayern habe damals eine höhere Sieben-Tage-Inzidenz gehabt als viele ausländische Risikogebiete. Die Einstufung als Risikogebiet sei deshalb intransparent und nicht nachvollziehbar gewesen, argumentierten sie.
Das Gericht folgte dieser Auffassung nun weitgehend. Die Einreisequarantäne-Verordnung sei zudem deshalb unwirksam, weil der für die Einstufung als Risikogebiet maßgebliche Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Denn zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung habe es an einer gesetzlichen Grundlage für die rechtswirksame Festsetzung von Risikogebieten gefehlt.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falls aus Bayern ließ das Gericht die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
Die Einreisequarantäne-Verordnung ist nicht die erste Pandemie-Maßnahme Bayerns, die der VGH nachträglich als unwirksam einstuft. Auch die Verhängung einer "vorläufigen Ausgangssperre" im März und April 2020 war nicht rechtmäßig. Pauschale Quarantäne-Pflichten für Einreisende, ähnlich zu derjenigen in Bayern, gab es auch in anderen Bundesländern, darunter Niedersachsen und Hamburg. Viele davon waren sogar noch während der Pandemie ausgesetzt worden.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Bayerischer VGH zu Corona-Regelung: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52404 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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