BayVGH zu Corona-Maßnahmen: 2G im Ein­zel­handel fällt, Anmel­depf­licht für Demos bleibt

20.01.2022

Der BayVGH hat am Mittwoch die 2G-Regel im Einzelhandel ausgesetzt, Versammlungen ohne Anmeldung bei den Behörden bleiben aber verboten, entschied das Gericht in zwei Eilverfahren.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat am Mittwoch zu den aktuellen Corona-Maßnahmen im Freistaat entschieden und das Verbot von Corona-Protesten in München ohne Anmeldung durch die Stadt bestätigt (Beschl. v. 19.01.2022, Az. 10 CS 22.162). Die 2G-Regel im Einzelhandel, wonach in den Läden grundsätzlich nur Geimpfte und Genesene Zutritt haben, setzte der VGH dagegen außer Vollzug (Beschl. v. 19.01.2022, Az. 20 NE 21.3119). 

Im Falle des Versammlungsverbots änderte der VGH einen Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) München ab. Mit einer Allgemeinverfügung hatte die Stadt für den 15., 17. und 19. Januar die Veranstaltung von Versammlungen im Zusammenhang mit Protesten gegen Corona-Maßnahmen und die Teilnahme an solchen Versammlungen untersagt, wenn diese nicht rechtzeitig vorab den Behörden angezeigt wurden.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei dieses Versammlungsverbot rechtmäßig, teilte der VGH am Mittwochabend mit. Die Landeshauptstadt sei in ihrer Gefahrenprognose nach Erfahrungen bei Versammlungen in den vergangenen Wochen zu Recht davon ausgegangen, dass nur mit einem präventiven Verbot die Gefahr zahlreicher Infektionen mit dem Coronavirus verhindert werden könne. Auch eine Interessenabwägung falle zu Gunsten des öffentlichen Interesses an einer Verhinderung weiterer Infektionen aus.

Das VG hatte zuvor dem Eilantrag eines Bürgers gegen das Verbot nicht angemeldeter Corona-Proteste in der Landeshauptstadt stattgegeben. Ein bloßer Verstoß gegen die Anzeigepflicht von Versammlungen könne die präventiven Verbote voraussichtlich nicht rechtfertigen, erklärte das Gericht. Es spreche Überwiegendes dafür, dass sich dies im Hauptsacheverfahren als unvereinbar mit der vom Grundgesetz geschützten Versammlungsfreiheit erweisen könnte. Die Landeshauptstadt München und der Freistaat Bayern hatten dagegen Beschwerde eingelegt. 

2G im Einzelhandel außer Vollzug gesetzt

Dem Eilantrag einer Inhaberin eines Lampengeschäfts gegen die 2G-Regel im Einzelhandel gab das Gericht dagegen statt. Nach der aktuellen bayerischen Verordnung zum Infektionsschutz dürfen nur Geimpfte und Genesene Ladengeschäfte betreten. Ausgenommen sind Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs. Die Antragstellerin sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und beantragte deshalb die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung.

Der VGH gab dem Antrag statt. Zwar dürfte eine 2G-Zugangsbeschränkung grundsätzlich eine ausreichende gesetzliche Grundlage haben, hieß es. Doch gebe das Infektionsschutzgesetz vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse und nicht auf die Ebene des Normenvollzugs und dessen gerichtlicher Kontrolle verlagert werden dürfe. Auch für Niedersachsen hatte das dortige Oberverwaltungsgericht in Lüneburg bereits Mitte Dezember
überraschend die 2G-Regel für den Einzelhandel gekippt
.

Das Kriterium des "täglichen Bedarfs" werde in der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung aber durch eine - ausdrücklich nicht abschließende - Liste von Beispielen konkretisiert, erläuterte der Verwaltungsgerichtshof. Damit werde die jetzige 2G-Regel den Anforderungen nicht gerecht. Auch bei sogenannten Mischsortimenten lasse sich nicht mit ausreichender Gewissheit aus der Verordnung entnehmen, welches Geschäft von der Zugangsbeschränkung erfasst wird und welches nicht. Gegen den Beschluss vom Mittwoch gibt es keine Rechtsmittel.

"Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikable Umsetzung der VGH-Entscheidung", teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung mit. Bayern sei mit der Zugangsbeschränkung auf Genesene und Geimpfte (2G) im Handel einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz gefolgt, "aber wegen der entstandenen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkten die einfachere Alternative". Herrmann betonte zudem: "Die FFP2-Maskenpflicht im Handel gilt weiterhin und bietet Schutz."

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BayVGH zu Corona-Maßnahmen: . In: Legal Tribune Online, 20.01.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47263 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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