Der Bayerische VerwGH hat entschieden, dass syrische Flüchtlinge bei der Rückkehr in ihre Heimat nicht unbedingt politisch verfolgt werden, nur weil sie Asyl in Deutschland beantragt haben. Jeder Fall bleibt aber ein Einzelfall.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVerwGH) hat entschieden, dass Asylantragstellern bei einer unterstellten Rückkehr nach Syrien über den Flughafen Damaskus nicht schon allein deswegen die politische Verfolgung drohe, weil sie einen Asylantrag gestellt und sich im Zuge dessen in Deutschland aufgehalten hätten. Das Gericht hob daher eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Regensburg auf und hat die Klagen von Syrern auf Aufstockung ihres Schutzstatus abgewiesen (Urt. v. 12.12.2016, Az. 21 ZB 16.30338, 21 ZB 16.30364, 21 ZB 16.30371, 21 ZB 16.30372).
Das VG hatte entschieden, dass den syrischen Klägern anstelle des ihnen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährten subsidiären Schutzes die – weitergehende – Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei (sog. Aufstockungsklagen). Ebenso entschied das VG Düsseldorf.
Wie schon das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig halten hingegen die obersten bayerischen Verwaltungsrichter in vielen Fällen einen subsidiären Schutz für syrische Flüchtlinge für ausreichend. Anerkannte Flüchtlinge genießen gegenüber (nur) subsidiär Schutzberechtigten insbesondere Erleichterungen beim Familiennachzug und bei der Dauer der Aufenthaltserlaubnis. Die Abschiebung dagegen droht auch den als subsidiär schutzberechtigt anerkannten Klägern nicht.
Jeder Fall ist individuell und einzeln zu prüfen
Dennoch müsse, darauf weist der BayVwGG hin, jeder Fall individuell geprüft werden. Entsprechend gab das Gericht in einem Fall der Klage eines Syrers statt: Er hatte Ende 2015 aus Angst vor einer Einberufung zum Militärdienst sein Heimatland verlassen. Bei einer Rückkehr würde dem Mann "Folter und Inhaftierung drohen", da ihm die syrischen Behörden illoyales Verhalten und regimefeindliche Gesinnung unterstellen würden. Ihm sprach das Gericht daher den vollen Flüchtlingsstatus zu, der unter anderem mit Erleichterungen beim Familiennachzug verbunden ist.
Bereits bei der öffentlichen Verhandlung in der vergangenen Woche hatte der Senatsvorsitzende Jürgen Wünschmann klar gemacht: In der Regel seien syrische Bürgerkriegsflüchtlinge bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat nur dann einer Verfolgung ausgesetzt, wenn sie früher in Haft saßen, sich in Deutschland politisch engagiert hätten, mit falscher Identität ausgereist seien oder Kurden seien. Allein ihr Asylantrag im Ausland reiche nicht aus.
Erst am Montag war ein Beschluss bekannt geworden, mit dem das BVerfG klar stellte, dass die Oberverwaltungsgerichte die Berufungen von Syrern gegen ihnen nachteilige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zulassen müssen. Andernfalls sei das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt. Die Frage ob bei Syrern eine Asylberechtigung oder lediglich subsidiärer Schutz vorliege, werde von den OVG uneinheitlich beurteilt und es fehle an einer Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht.
acr/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
BayVerwGH bestätigt Praxis des BAMF: . In: Legal Tribune Online, 13.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21447 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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