BAG legt dem EuGH vor: Darf ein Daten­schutz­be­auf­tragter auch im Betriebsrat sein?

28.04.2021

Das BAG hat in einem Fall gleich zwei wichtige Fragen zum Datenschutzbeauftragten nach der DSGVO zu klären. Doch dafür soll erstmal der EuGH das Verhältnis zwischen DSGVO und BDSG klären.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in der Frage, ob eine Person in der Doppelfunktion als Betriebsrat und Datenschutzbeauftragter tätig sein darf, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Es müsse per Vorabentscheidungsersuchen geklärt werden, ob die hohen Anforderungen, die das deutsche Recht an die Abberufung eines betrieblichen Datenschützers stellt, mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Einklang stehen. Das teilte das BAG am Dienstagabend mit (Beschl. v. 27.04.21, Az. 9 AZR 383/19 (A)). 

Der klagende Mann ist Vorsitzender des Betriebsrats des beklagten Unternehmens. Zusätzlich dazu ist er zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten des Unternehmens und drei weiterer Konzernunternehmen bestellt. Nach Inkrafttreten der DSGVO im Jahr 2018 hat das beklagte Unternehmen den Mann jedoch als Datenschutzbeauftragten abberufen. Es drohten Interessenkonflikte zwischen der Position als Vorsitzender des Betriebsrats und als Datenschutzbeauftragter, hieß es zur Begründung. Dies stelle einen wichtigen Grund für eine Abbestellung dar. Der Mann wehrte sich gerichtlich dagegen.

Die Vorinstanzen hatten seiner Klage stattgegeben. Das deutsche Recht verlangt im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten einen wichtigen Grund nach § 626 BGB und geht damit über das europäische Recht hinaus. Dieses schreibt in der DSGVO lediglich vor, dass eine Abbestellung nur dann nicht erfolgen darf, wenn sie wegen der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten vorgenommen wird. Bereits 2011 - und damit vor Inkrafttreten der DSGVO - hatte der zehnte Senat des BAG entschieden, dass die Mitgliedschaft im Betriebsrat mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten vereinbar ist. Der jetzige Fall lag dem neunten Senat zur Entscheidung vor. 

Besser keine Betriebsratsmitglieder zum Datenschutzbeauftragten bestellen?

Dieser sieht in dem vorliegenden Fall nun keinen wichtigen Abberufungsgrund. Daher habe er es für nötig gehalten, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob eine mitgliedstaatliche Norm strenger als die Unionsnorm sein darf und die Abberufung von Datenschutzbeauftragten einschränken kann, heißt es in dem Beschluss vom Dienstag. Falls der EuGH ebenfalls keinen Unionsrechtsverstoß sehen sollte, möchte das BAG außerdem wissen, ob das Amt des Datenschutzbeauftragten und des Betriebsratsvorsitzenden in Personalunion ausgeübt werden darf oder ob dies zu einem Interessenkonflikt nach Art. 38 Abs. 6 S. 2 DSGVO führt. 

Rechtsanwalt Frank Lenzen hält gegenüber LTO für fraglich, ob an der Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2011 festgehalten werden kann. Der Partner im Frankfurter Büro der Kanzlei Dentons sieht große Rechtsunsicherheiten und hält einen Interessenkonflikt zwischen der Aufgabe als Betriebsrat und der als Datenschutzbeauftrager sehr wohl für möglich. Er ist deshalb der Auffassung, dass "nun besonders darauf geachtet werden sollte, Betriebsratsmitglieder möglichst nicht zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen".   

pdi/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

BAG legt dem EuGH vor: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44831 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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