Das private Smartphone und Fahrrad ohne finanziellen Ausgleich für die Arbeit nutzen? Das kann ein Lieferdienst von seinen Fahrern nicht verlangen, so das LAG Hessen.
Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat über die Klage eines Lieferdienstfahrers entschieden und einen Anspruch gegen dessen Arbeitgeber bejaht, wonach dieser ein Fahrrad und ein Smartphone während der Arbeitszeit stellen muss (Urt. v. 12.03.2021, Az. 14 Sa 306/20).
Der klagende Essensauslieferer hatte im Rahmen seiner Arbeit Bestellungen bei Restaurants abgeholt und zu den Kunden vorbeigebracht. Es kam nach Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber zum Rechtsstreit. Vor Gericht hatte er schließlich gefordert, dass ihm für diese Tätigkeit ein Fahrrad und ein Smartphone zur Verfügung gestellt werden. Er sei nicht verpflichtet, sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Smartphone einschließlich des erforderlichen Datenvolumens für die Internetnutzung zu verwenden, wenn er arbeite. Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte die Klage in erster Instanz noch abgewiesen.
In den Arbeitsvertägen des Lieferdienstes war bestimmt worden, dass die Fahrerinnen und Fahrer während der Einsätze Ausstattung vom Arbeitgeber gestellt bekommen. Diese Ausstattung hatte aber vertraglich weder ein Fahrrad noch ein Smartphone umfasst. Die Fahrer waren jedoch nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet gewesen, auf Fahrrädern in verkehrstauglichem Zustand zu fahren. Dafür konnten sie – was nicht im Arbeitsvertrag geregelt wurde – je gearbeiteter Stunde ein Guthaben von 25 Cent für Fahrradreparaturen bei einem Vertragspartner ihres Arbeitgebers abrufen. Ein Smartphone war ebenfalls für die Arbeit notwendig gewesen, um auf die App des Lieferdienstes zuzugreifen. Auch das stellte der Lieferdienst während der Arbeitszeit nicht zur Verfügung.
Das LAG hat die dem Vertrag nach einschlägigen AGB geprüft und nun - anders als noch die Vorinstanz - festegestellt: Die Regelung, dass das private Fahrrad und das private Smartphone ohne finanziellen Ausgleich selbst zur Arbeit mitgebracht und verwendet werden müssen, benachteilige in der Gesamtschau mit der übrigen Vertragsgestaltung die Lieferfahrerinnen und -fahrer unangemessen. Betriebsmittel und deren Kosten seien nach der gesetzlichen Wertung nämlich vom Arbeitgeber zu stellen bzw. zu tragen. Der Arbeitgeber habe dabei auch das Risiko zu tragen, wenn diese nicht einsatzfähig seien. Entsprechend müsse der Lieferdienst Fahrrad bzw. Smartphone während der Arbeitszeit zur Verfügung stellen.
cp/LTO-Redaktion
LAG Hessen: . In: Legal Tribune Online, 25.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45301 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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