Das BVerwG entschied am Donnerstag, dass ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit einer geringen Wochenarbeitszeit türkischen Staatsangehörigen ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht vermitteln kann. Die Leipziger Richter haben damit die vorinstanzlichen Entscheidungen bestätigt.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in Leipzig steht der türkischen Staatsangehörigen aufgrund ihrer langfristigen geringfügigen Beschäftigung als Arbeitnehmerin ein assoziazionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu. Entgegen der Auffassung der Ausländerbehörde sei die 45-Jährige trotz der Wochenarbeitszeit von fünfeinhalb Stunden und des vorübergehenden Bezugs öffentlicher Mittel als Arbeitnehmerin im Sinne des Art. 6 Abs 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei anzusehen (Urt. v. 19.04.2012, Az. 1 C 10.11).
Arbeitnehmer sei jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen ausübe und hierfür eine Vergütung erhalte. Dabei blieben Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen, so die Richter. Die hierfür erforderliche Gesamtbewertung fiel zu Gunsten der Klägerin aus. Dabei sei neben der vereinbarten Wochenarbeitszeit auch zu berücksichtigen, dass die Frau die Beschäftigung bei demselben Reinigungsunternehmen seit fast sieben Jahren ausübe und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von Anfang an Anspruch auf den Tariflohn und weitere tarifvertragliche Vergünstigungen habe.
Die Türkin kam Mitte 2000 im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland. Ihr wurde wegen ihrer Ehe mit einem türkischen Staatsangehörigen eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Nach Trennung von ihrem Ehemann nahm sie 2004 eine geringfügige Beschäftigung als Raumpflegerin im Umfang von fünfeinhalb Wochenstunden auf. Ihren Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis lehnte die Ausländerbehörde 2008 wegen des Bezugs ergänzender Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) ab. Während des gerichtlichen Verfahrens erweiterte die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis im Mai 2008 auf zehn Wochenstunden.
Bereits das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte die Ausländerbehörde nach Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verpflichtet, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis auszustellen. Diese Entscheidung bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg im Anschluss genau so, wie jetzt das BVerwG.
una/LTO-Redaktion
BVerwG zum Aufenthaltsrecht: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6036 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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