Lange Asylverfahren an den Verwaltungsgerichten: Drei Wochen, bis die Akte kommt

09.11.2015

Alte Kommunikationswege und personelle Überlastung: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erschwert den Verwaltungsgerichten die ohnehin schon viele Arbeit. Nun soll es mehr spezialisierte Richter geben – doch reicht das?  

Die Zahl der Asylverfahren an deutschen Verwaltungsgerichten ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. In Schleswig-Holstein hat sie sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt, in Nordrhein-Westfalen (NRW), dem bevölkerungsreichsten Bundesland, mit für 2015 hochgerechneten 22.000 Fällen gegenüber 2011 sogar vervierfacht.

Inzwischen liege der Anteil der Asylentscheidungen in NRW bei 41 Prozent aller verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Auch in der zweiten Instanz sei die Zahl der Asylentscheidungen gestiegen - am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bilden sie inzwischen fast ein Viertel aller Fälle in Hauptsacheverfahren. In diesen Zahlen schlägt sich jedoch noch nicht die große Anzahl der seit einigen Monaten vermehrt eintreffenden Flüchtlinge nieder.

Auch die Dauer eines durchschnittlichen Asylverfahrens ist deutlich gestiegen – insbesondere in den Eilverfahren, die in Schleswig-Holstein inzwischen durchschnittlich 1,8 statt sonst 0,4 Monaten dauern. "Dies liegt vor allem daran, dass in der Vergangenheit die Sachakten vom Bundesamt zeitlich verzögert übersandt wurden", sagte Gerichtssprecher des VG Schleswig, Harald Alberts, der Deutschen Presseagentur am Montag.

BAMF: "ausgedruckt und eingetütet"

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gilt vielen Verwaltungsrichtern als Flaschenhals. Die Gerichte werden in der Regel erst mit den Asylanträgen befasst, wenn Flüchtlinge gegen Ablehnungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vorgehen. Dort herrscht aber ein großer Antragsstau, da es einfach zu wenig Sachbearbeiter gibt, welche die noch offenen Anträge bearbeiten oder sich um die neuen kümmern könnten.

Dem BAMF fehlt aber nicht nur Personal, sondern offensichtlich auch technische Expertise – viele Akten, die elektronisch vorhanden sind, werden immer noch per Post versandt. Infolge solcher veralteten Kommunikationswege müssen die Richter wie in vergangenen Zeiten mit Papierakten arbeiten. 

"Obwohl alle Dokumente elektronisch verfügbar sind und per Knopfdruck zu versenden wären, wird ausgedruckt und eingetütet", kritisierte auch der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) am Freitag. Warum das Bundesamt nicht die Möglichkeit nutzt, über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach mit dem Verwaltungsgericht zu kommunizieren, ist auch dem Sprecher des VG Schleswig Alberts "nicht bekannt".

Zitiervorschlag

Lange Asylverfahren an den Verwaltungsgerichten: . In: Legal Tribune Online, 09.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17487 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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