Ein Kirchenmusiker vergaß den Termin für eine Trauerfeier, weil er zu beschäftigt mit einem Kindermusical war. Doch das berechtigt die Gemeinde noch nicht zu einer fristlosen Kündigung, entschied das ArbG Lübeck.
Ein Kirchenmusiker war mit der Vorbereitung eines Kindermusicals so sehr beschäftigt, dass er vergaß, auf einer Trauerfeier in seiner Gemeinde zu spielen. Der Musiker bleibt seiner Gemeinde aber erhalten, denn für die ausgesprochene fristlose Kündigung reicht diese Pflichtverletzung nicht aus, entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Lübeck (Urt. v. 15.06.2023, Az. 1 Ca 323 öD/23).
Der Termin für die Trauerfeier war zusammen vereinbart worden, die Musikauswahl schon vom Pfarrer auf den Anrufbeantworter des Kirchenmusikers gesprochen – doch selbst den hat der Musiker vor lauter Arbeit kaum noch abgehört. Er sei, wie er später sagte, so intensiv mit den Vorbereitungen des von ihm selbst initiierten und nicht von der Gemeinde angewiesenen Musicals befasst gewesen, dass er kaum noch in seinen Kalender geblickt habe. An dem besagten Tag nahm er weder den Anruf des Pfarrers noch den des Beerdigungsunternehmens an.
Es war nicht das erste Fehlverhalten des Kirchenmusikers: Drei Abmahnungen waren dem Mann – allerdings wegen anderer Sachverhalte - innerhalb weniger Monate bereits ausgesprochen worden.
Die Gemeinde hörte nach dem Vorfall die Mitarbeitervertretung an, erörterte die Situation während der Sitzung des Gemeinderates, dann erst folgte die außerordentliche Kündigung.
Keine beharrliche Arbeitsverweigerung
Doch die sollte nicht halten: Es fehle an einem wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die fristlose Kündigung. Der beklagten Kirchengemeinde sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Mann nicht unzumutbar geworden, urteilte das ArbG. Eine beharrliche, vorsätzliche Arbeitsverweigerung habe die Gemeinde ihm nicht nachgewiesen. Auch dass der Kirchenmusiker sich nicht direkt, sondern erst später per E-Mail entschuldigt habe, unterstreiche zwar das gestörte Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber, es spreche aber nicht für ein vorsätzliches Fernbleiben.
Das konkrete Verhalten des Fernbleibens hätte die Gemeinde zunächst abmahnen müssen. Es sei zu erwarten, dass der 61-jährige Kirchenmusiker, der zum Zeitpunkt des Vorfalls schon seit 15 Jahren bei der Gemeinde beschäftigt war, sein Verhalten künftig ändere.
Die lange Beschäftigungsdauer führte auch zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung: Der Mann ist nach dem Tarifvertrag kirchlicher Arbeitnehmer (KAT) angestellt. Nach § 27 Abs. 3 KAT ist eine ordentliche Kündigung nach dieser langen Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen, der Musiker ist weiter bei der Gemeinde zu beschäftigten.
tap/LTO-Redaktion
Kirchenmusiker zu beschäftigt mit Kindermusical: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52443 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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