Immer mehr Wölfe siedeln sich in Deutschland an - auch in Brandenburg. Das schafft Konflikte. Nun entschied das AG Potsdam als erstes Gericht in Deutschland über einen Wolfsabschuss durch einen Jäger.
Am Amtsgericht Potsdam (AG) fand am Montag der Prozess gegen einen Jäger aus den Niederlanden statt, der im Frühjahr 2019 in Brandenburg einen Wolf erschossen haben soll (Az. 82 Ds 82/20). Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat den 61-Jährigen wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz angeklagt. Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes war es der erste Fall in Deutschland dieser Art, der vor Gericht landet.
Der 61-Jährige soll im Januar 2019 im Fläming südwestlich von Berlin einen Wolf während einer Jagd erschossen haben. Zeugen sagten aus, das Tier habe die Jagdhunde zuvor angegriffen. Die entscheidende Frage war deshalb, ob der niederländische Jäger in Notstand gehandelt habe oder nicht, erklärte Gerichtssprecher Oliver Kramm. Acht Zeugen wurden an dem ersten und einzigen Verhandlungstag in der Potsdamer Hegelallee gehört. Darunter waren laut Gericht Jäger, Vertreter der Jagdbehörde sowie eine sachverständige Veterinärin, die die Tiere auf Bissspuren untersuchte.
Das Gericht sah den Vorwurf der Staatsanwaltschaft schließlich nicht bestätigt und sprach den Jäger frei. Der 61-Jährige sei berechtigt gewesen, so zu handeln, weil das Tier zuvor dessen Jagdhunde angegriffen habe, sagte der Richter. Der Jäger hatte angegeben, dass weder Klatschen, Rufen noch ein Warnschuss den Wolf dazu gebracht hatten, von den Hunden abzulassen.
Deutscher Jagdverband fordert Rechtssicherheit
Nach Angaben des Landesamtes für Umwelt sind seit 2017 insgesamt 19 Wölfe in Brandenburg illegal geschossen worden. In zwei Fällen seien bislang Täter ermittelt worden. Beide Verfahren seien gegen eine Bußgeldzahlung wegen geringfügigem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung eingestellt worden. Demnach musste ein Gastjäger aus Nordrhein-Westfalen, der 1994 bei Gandenitz (Uckermark) einen Wolf tötete, 800 D-Mark zahlen. Ein Jäger aus Dänemark bekam eine Geldbuße in Höhe von 4.000 Euro.
"Das Urteil wird Signalwirkung für alle Jäger haben", sagte der Sprecher des Deutschen Jagdverbandes, Torsten Reinwald, der dpa im Vorfeld des Urteils. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, würden sich sicherlich viele Jäger überlegen, ob sie künftig noch in einem Wolfsgebiet - und das sei durch die Ausbreitung des Tieres nahezu überall - jagen werden. "Die Frage ist doch, was ist mehr wert: ein Hund, als Familienmitglied, der jahrelang ausgebildet worden ist? Oder ein Wolf?" Der Verband fordert Rechtssicherheit per Gesetz.
ast/dpa/LTO-Redaktion
Amtsgericht Potsdam: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45262 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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