Gerhard-Richter-Skizzen aus Mülltone entwendet: Ist das Kunst oder kann das weg?

Er soll Skizzen, die der Maler Gerhard Richter weggeworfen hat, aus dessen Altpapiertonne mitgenommen haben: Wegen Diebstahls steht ein Angeklagter am Mittwoch vor dem Kölner Amtsgericht (AG). Laut Anklage soll er vier Entwürfe aus der Tonne vor Richters Haus im Villenviertel Köln-Hahnwald entwendet haben. Dann soll der 49-Jährige versucht haben, sie zu verkaufen, und dafür Kontakt mit einem Aktionshaus aufgenommen haben. Der Wert der nicht signierten Werke wird vorläufig auf 60.000 Euro geschätzt.

Das Gericht muss nach Angaben einer Sprecherin nun klären, ob es sich bei der Tat tatsächlich um Diebstahl handelte. Streitfrage wird sein: Befanden sich die Skizzen noch in Richters Eigentum, obwohl er sie draußen in den Müll geworfen hatte? "Indem er sie entsorgte, wollte er nicht, dass jemand anders die Werke an sich nahm", sagte die Gerichtssprecherin dazu.

Der Eigentumsschutz an weggeworfenen Sachen beschäftigt nicht zum ersten Mal ein Gericht. Klassischerweise taucht die Problematik auch beim sogenannten Containern auf, also dem Sammeln weggeworfener Lebensmittel aus Mülltonnen.

Das Atelier des Künstlers teilte über dessen Anwalt mit, dass Richter kein persönliches Interesse an der Verurteilung des Angeklagten habe. "Er würde es sehr begrüßen, wenn die Arbeiten - wie ursprünglich von ihm beabsichtigt - auch tatsächlich vernichtet würden." Richter, der als einer der am höchsten dotierten lebenden Künstler gilt, hat immer schon einen Teil seiner Arbeiten verworfen und dann zerstört oder weggeworfen, darunter auch großformatige Gemälde.

Das Gericht hat für den Prozess fünf Zeugen geladen. Der wichtigste von ihnen, Richter selbst, wird jedoch nach Angaben seines Ateliers nicht kommen. Der 87-Jährige erhole sich derzeit noch von einem Krankenhausaufenthalt.

dpa/mam/LTO-Redaktion