Nach dem Ende der deutschen Flüge aus Kabul richten sich die Hoffnungen auf eine Flucht über den Landweg in Nachbarländer. Anwaltsverbände fordern eine vereinfachte Zuständigkeit und Verfahren für Visaanträge für Menschen aus Afghanistan.
Nachdem die deutsche Evakuierung erst einmal beendet ist, richten sich die Hoffnungen auf eine Ausreise auf dem Landweg. Anwältinnen und Anwälte sowie ihre Vereinigungen fordern, dass alle deutschen Auslandsvertretungen ab sofort für Visaverfahren afghanischer Staatsangehöriger zuständig sein und Visa umgehend erteilt werden müssen. Die Kapazitäten in den Auslandsvertretungen seien sofort ausreichend aufzustocken.
Beim Auswärtigen Amt in Berlin seien noch etwa 300 deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie rund 10.000 Afghaninnen und Afghanen mit einem Ausreisewunsch registriert, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag. Die Lage sei aber sehr dynamisch. Wieviele von ihnen bereits auf anderem Weg das Land verlassen konnten, sei nicht klar.
Über 3.000 afghanische Staatsangehörige warteten im Mai 2021 auf einen Termin zur Vorsprache in den deutschen Visastellen in Neu-Delhi und Islamabad, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung mehrer juristischer Verbände. Wie viele Angehörige sich über diese hinaus im überaus langwierigen Verfahren auf Erteilung eines Visums befanden, sei nicht erfasst. Der Deutsche Anwaltsverein, der republikanische Anwältinnen-und Anwaltverein und die Vereinigung demokratischer Juristen und Juristinnen fordern, dass diese, für Friedenszeiten vorgesehene und mit langen Wartezeiten verbundene Praxis, sofort geändert wird. Das Ende der Evakuierungen dürfe nicht das Ende aller Hoffnungen für Schutzsuchende und ihre Familien sein, in naher Zukunft wieder in Sicherheit zusammenleben zu können.
"Bei den Evakuierungsflügen wurden die Familien von Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben und arbeiten, vergessen", sagt der Berliner Rechtsanwalt Christoph Tometten, der auf das Aufenthaltsrecht spezialisiert ist und zahlreiche Fälle aus Afghanistan betreut, am Freitag zu LTO. "Meine Mandantin hat bereits im Dezember 2018 für sich und ihre minderjährigen Kinder Visa beantragt, um zum Ehemann und Vater nach Deutschland zu kommen." Dass die zuständige Botschaft mehr als zweieinhalb Jahre später die Visa immer noch nicht erteilt habe, sei bei allem Verständnis für die schwierigen Gegebenheiten in der Region schlicht nicht zu rechtfertigen. "Nun muss meine Mandantin um ihr Leben und das Leben ihrer Kinder fürchten", so Tometten. Das Auswärtige Amt müsse dringend dafür sorgen, dass Visa zum Familiennachzug umgehend erteilt werden. "Familien in Sicherheit zu bringen, muss hier Vorrang haben. Bürokratische Verfahren kann man in Deutschland nachholen."
kus/LTO-Redaktion
Nach Ende der Afghanistan-Evakuierung: . In: Legal Tribune Online, 27.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45857 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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