Sondersitzung im Düsseldorfer Landtag: NRW-Minister: Isla­mist Sami A. legal abge­schoben

20.07.2018

Die Abschiebung von Sami A. nach Tunesien ist aus Sicht der Landesregierung NRW rechtmäßig abgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine Ausreiseverbote vorgelegen, sagte Minister Stamp in einer Sondersitzung von Rechts- und Integrationsausschuss

"Die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung lagen vollständig vor", sagte NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) am Freitag in einer gemeinsamen Sondersitzung des Rechts- und des Integrationsausschusses im Düsseldorfer Landtag. "Hätte es einen Hinweis auf möglicherweise entgegenstehende gerichtliche Entscheidungen gegeben, wäre es nicht zur Rückführung von Sami A. gekommen."

Der mutmaßliche Ex-Leibwächter des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden war am Freitag vergangener Woche nach Tunesien abgeschoben worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Abend zuvor entschieden hatte, dass dies nicht zulässig sei. Der Beschluss war allerdings erst übermittelt worden, nachdem Sami A. bereits auf dem Weg nach Tunesien war. Die nicht informierten Gelsenkirchener Richter rügten die Aktion als "grob rechtswidrig" und verlangten, Sami A, zurückzuholen.

Stamp räumte ein, dass er alle Anstrengungen unternommen habe, um nach jahrelangen Verfahren endlich die Voraussetzungen zu schaffen, Sami A. "zügig und diskret" abzuschieben. "Zum Zeitpunkt der Abschiebung standen dem keine Ausreiseverbote entgegen", sagte Stamp. Hilfreich sei allerdings gewesen, dass die Anwälte von Sami A. die rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft und keine einstweilige Anordnung gegen die Abschiebung beantragt hätten.

Schutz der Öffentlichkeit oder ein Bärendienst?

Unter Bezug auf frühere Gerichtsurteile und den Verfassungsschutz betonte Stamp die Gefährlichkeit von Sami A. und den daraus resultierenden Handlungsdruck. Das Oberverwaltungsgericht habe es in einem Urteil von 2015 als erwiesen angesehen, dass Sami A. 1999/2000 eine militärische Ausbildung in der Terrororganisation Al Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweilig der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden angehört habe. Von Sami A. sei also "eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen", bilanzierte Stamp. Sami A. hatte das stets bestritten.

Stamp sah sich dennoch in der Pflicht, die Öffentlichkeit vor einem Mann zu schützen, der "Deutschland Blut weinen" sehen wolle. Zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 habe er demnach gesagt, "die Toten seien eine verdiente Strafe, da Deutschland ihm das Leben schwermache".

Für die durchgeführte Abschiebung erntete Stamp jedoch Kritik aus der Opposition. SPD und Grünen, die die Sondersitzung mitten in der Sommerpause beantragt hatten, warfen der Regierung vor, die Gewaltenteilung verletzt zu haben. "Dass er abgeschoben wird, ist richtig. Das muss man dann aber auch richtig machen", sagte der Vizevorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Sven Wolf. Wenn Sami A. nun zurückgeholt werden müsse und erneut jahrelang nicht abgeschoben werden könnte, hätte Stamp "unserem Land einen Bärendienst erwiesen".

Update, 16:55 Uhr: Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisierte das Verhalten der Behörden im Fall Sami A. nach der Sondersitzung als  "verfassungsrechtlich bedenklich": Bei einer Bedrohung von Leib und Leben muss sichergestellt sein, dass die Betroffenen nicht zwischen Zuständigkeiten verschiedener Behörden auf der Strecke bleiben, sagte Ulrich Schellenberg.

Es sei nicht zulässig, dass die Ausländerbehörde sich auf dem Standpunkt ausruht, es hätte ja nur die konkrete Anfrage des Gerichts zum Flugtermin am 12. Juli gegeben, nicht aber zu weiteren Terminen. "Es muss gewährleistet sein, dass in einer so wichtigen Frage dem BAMF alle Informationen zur Verfügung gestellt werden. Nur so kann man sicher sein, dass auch die Gerichte ihre Aufgabe erfüllen können. Der DAV ist sehr verwundert, dass die Behörden es gerade in diesem wichtigen Fall nicht geschafft haben, miteinander zu kommunizieren". 

dpa/tik/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Sondersitzung im Düsseldorfer Landtag: . In: Legal Tribune Online, 20.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29899 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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