Um Wettbewerbsbedenken zu prüfen, darf das Bundeskartellamt Geschäftsgeheimnisse von Google an Konkurrenten weitergeben – zumindest so lange der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird. Das hat der BGH entschieden.
Am Dienstag wurde vor dem Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) unter Ausschluss der Öffentlichkeit über den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Technologieriesen Google verhandelt. Spätabends fassten die Richter ihren Beschluss: Das Bundeskartellamt (BKartA) darf Interna an Google-Konkurrenten weitergeben, um wettberwerbliche Bedenken zu klären (Beschl. v. 20.02.2024, Az. KVB 69/23).
Die Karlsruher Richter teilten zum einen nicht bei allen in Streit stehenden Textpassagen die Argumentation des Konzerns, dass es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handle. In anderen Fällen wiege das Sachaufklärungsinteresse des BKartA schwerer als das Geheimhaltungsinteresse Googles, so der BGH am Mittwoch, als er über seinen Beschluss informierte.
Google hatte Beschwerde eingelegt, weil das BKartA Informationen an den Hersteller von Navigationssystemen TomTom und den Sprachassistent-Spezialisten Cerence weitergegeben hatte. Grund dafür waren wettbewerbliche Bedenken der Behörde über gewisse Praktiken von Google. Der Konzern bietet seine Produkte für Infotainmentsysteme in Autos – darunter Google Maps – nur als Bündel an und macht zudem Vorgaben, wie diese Dienste im System präsentiert werden müssen. Das BKartA wollte daher die Einschätzung von TomTom und Cerence abfragen und dafür seine vorläufige Einschätzung zu Googles Praktiken in teil-geschwärzter Fassung offenlegen.
Bis auf ein Zitat durfte das BKartA Dokumente weitergeben
Der BGH hat die Beschwerde nun bis auf ein einzelnes wörtliches Zitat aus internen Unterlagen zurückgewiesen. Das BKartA dürfe Bewertungen der Strategie Googles sowie die wörtliche Wiedergabe einzelner Klauseln aus Verträgen Googles mit Fahrzeugherstellern an TomTom und Cerence weitergegeben.
Die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegenüber Wettbewerbern müsse zur Sachaufklärung geeignet, erforderlich und angemessen sein. "Angemessen ist sie, wenn bei der vorzunehmenden Interessenabwägung das Sachaufklärungsinteresse des Bundeskartellamts das Interesse an der Wahrung der grundrechtlich geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse überwiegt." Dabei müsse unter anderem geprüft werden, welche Nachteile durch die Offenlegung drohen. Zu berücksichtigen sei ferner das Interesse des BKartA und der am Verfahren beteiligten Wettbewerber an der Wahrung des rechtlichen Gehörs.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Google scheitert vorm BGH-Kartellsenat: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53936 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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