Das Bundesverfassungsgericht hat eine Regelung im Einkommenssteuergesetz für teilweise nichtig erklärt. Aufgrund der Rückwirkung verstoße die Regelung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, entschied der Zweite Senat.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon vor über zehn Jahren in einem konkreten Normenkontrollverfahren die Frage vorgelegt, ob eine Änderung des einkommenssteuerrechtlichen Abflussprinzips gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt. Konkret geht es um § 11 Abs. 2 S. 3 Halbsatz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 52 Abs. 30 EStG in der Fassung des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes. Hiermit wurde bereits 2004 rückwirkend geändert, dass Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, nicht mehr vollständig im Zahlungsjahr als Werbungskosten abzuziehen sind. Vielmehr sollen diese Ausgaben nur noch ratierlich für den Zeitraum steuermindernd beansprucht werden dürfen, für den sie geleistet werden.
Die entsprechende Änderung trat am 15. Dezember 2004 in Kraft, sollte aber rückwirkend bereits für das gesamte Jahr 2004 gelten. Hierin sieht der Zweite Senat des BVerfG in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, welcher sich außerhalb des Strafrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ergebe (Beschl. v. 25.03.2021, 2 BvL 1/11). Zwar sei eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig, jedoch müsse dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung getragen werden, so der Zweite Senat.
Im Ausgangsfall des BFH hatte der Kläger im August 2004 einen Anteil an einem Erbbaurecht erworben. Die geleisteten Erbbauzinsen für die gesamte Dauer des Erbbaurechts über 99 Jahre, insgesamt 36.350 Euro, machte er in seiner Steuererklärung in voller Höhe als Werbungskosten geltend. Sie können mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verrechnet werden. Das Finanzamt wollte aber nur den auf das Steuerjahr entfallenden Anteil in Höhe von 368 Euro (also 1/99) anerkennen. Nach der Entscheidung des BVerfG kann das Verfahren nun vor dem BFH zuende geführt werden.
jb/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
BVerfG zum Vertrauensschutz: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44935 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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