Unveränderte Schwelle für nicht geringe Menge Cannabis: BGH hält an strengem THC-Grenz­wert von 7,5 Gramm fest

22.04.2024

Am 1. April ist das neue Cannabisgesetz in Kraft getreten. Die damit einhergehende Liberalisierung ändert nach Ansicht des BGH jedoch nichts am bisher geltenden, niedrig angesetzten THC-Grenzwert zur nicht geringen Menge.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss festgesetzt, ab wann von einer "nicht geringen Menge" Cannabis auszugehen ist, die bei Verstößen gegen das Konsumcannabisgesetz (KCanG) strafverschärfend wirkt: Trotz geänderter Gesetzeslage bleibt es bei einem Grenzwert von 7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC), so der BGH (Beschl. v. 18.04.2024, Az. 1 StR 106/2). Anders als der Gesetzgeber geht der BGH nicht von einer "geänderten Risikobewertung" bei Cannabis aus, die eine Erhöhung des Grenzwerts rechtfertige.

Das kürzlich in Kraft getretene KCanG hat für Konsumenten die langersehnte Entkriminalisierung gebracht. In bestimmten Grenzen: Werden etwa erlaubte Besitzmengen überschritten, so drohen strafrechtlche Sanktionen. So macht sich beispielsweise nach § 34 Abs. 1 Nr. 1c KCanG strafbar, wer mehr als drei erlaubte Cannabispflanzen besitzt. Ein besonders schwerer, strafverschärfender Fall liegt unter anderem vor, wenn sich die Handlung dabei auf eine nicht geringe Menge bezieht, § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG.

Ab wann von dieser auszugehen ist, hat der 1. Strafsenat des BGH nun festgelegt: Enthält die Cannabismenge mindestens 7,5 g des berauschenden Wirkstoffes THC, ist das Regelbeispiel erfüllt. Damit bleibt der Grenzwert, der schon § 29a Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zugrundegelegt wurde, für den BGH auch nach neuer Rechtslage bestehen.

 

 

Knapp 2.000 Pflanzen auf 690 Quadratmetern

Anlass zu dieser Festlegung gaben die Revisionen zweier Angeklagter, die vom Landgericht (LG) Ulm wegen Betäubungsmitteldelikten nach der bisher geltenden Rechtslage zu einer Freiheitsstrafe von jeweils vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden waren. 

Die beiden lebten und arbeiteten in einer zweistöckigen Indoor-Marihuanaplantage, in der über 1.763 Cannabispflanzen angebaut wurden. Gegen ein monatliches Entgelt von 1.000 Euro und freie Kost und Logis, waren sie für das Gießen und Düngen sowie den Betrieb von Lüftungsanlagen und Wärmelampen zuständig. Die bei einer Durchsuchung im vergangenen Jahr sichergestellten Pflanzen wiesen 160 kg Marihuana und über 22.000g THC auf.

Aufgrund der geänderten Rechtslage, die nun einen niedrigeren Strafrahmen vorsieht, änderte der BGH das Urteil im Strafausspruch ab. Während der vom LG Ulm – bei Verkündung des Urteils zutreffend – angewandte § 29a Abs. 1 BtMG einen Strafrahmen von einem Jahr bis fünfzehn Jahren eröffnet, sieht § 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor.

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BGH entscheidet entgegen der Wertung des Gesetzgebers

Der Entscheidung, den Grenzwert hinsichtlich der nicht geringen Menge beizubehalten, legten die Richter die Erkenntnis zugrunde, dass im Schnitt 15 mg THC erforderlich sind, um durch das Rauchen eines Joints in einen Rauschzustand zu kommen. Diese Annahme kombiniert mit der konkreten Wirkweise und Gefährlichkeit von THC, die sich auch nach der Gesetzesänderung nicht geändert habe, ergebe den Grenzwert von 7,5 g – genau wie vor 30 Jahren.

Auch aus der seit dem 1. April gemäß § 3 KCanG erlaubten Besitzmenge von 25 bis 50 g Cannabis pro Person, ließen sich keine veränderten Aussagen zur Gefährlichkeit des Wirkstoffes ableiten, so die Karlsruher Richter. Die Entkriminalisierung führe nicht zu einer geänderten Risikobewertung.

Damit widersetzt sich der BGH der Wertung des Gesetzgebers. Dieser hatte in der Gesetzesbegründung des KCanG (BT-Ds. 20/8704, 130) darauf verwiesen, dass der Grenzwert im Lichte der legalisierten Mengen künftig "deutlich höher liegen muss" als in der Vergangenheit. 

In der Cannabis-Community gab es am Montag irritierte Reaktionen auf den Beschluss des BGH. Unklar scheint insbesondere zu sein, wie der strenge Grenzwert von 7,5 g THC mit dem erlaubten Besitz von 50 g Cannabis aus Eigenanbau vereinbar sein soll. 

lmb/hs/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Unveränderte Schwelle für nicht geringe Menge Cannabis: . In: Legal Tribune Online, 22.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54388 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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