Nutzer der Dating-Plattform Parship zahlten oft längere Zeit Geld – auch wenn sie sich bereits erfolgreich verliebt hatten. Das Hanseatische OLG setzte dem nun ein Ende und erklärte die automatische Verlängerung mancher Verträge für unwirksam.
Im Streit um die Kündigungsmöglichkeiten bei der Dating-Plattform Parship hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg der Klage der Verbraucherzentrale teilweise stattgegeben (Urt. v. 26.10.2023, Az. 3 MK 2/21).
Es erklärte Parships automatische Vertragsverlängerung in bestimmten Fällen für unwirksam. Alle Verträge verlängerten sich automatisch um ein volles Jahr, sofern sie nicht zwölf Wochen vor Ablauf gekündigt wurden. Das beanstandete der Zivilsenat bei Verträgen mit einer Laufzeit von sechs bis zwölf Monaten, bei einer Laufzeit von 24 Monaten sei die zwölfwöchige Kündigungsfrist jedoch in Ordnung, so der BGH.
Hintergrund des Rechtsstreits war unter anderem eine Klausel, die bis Ende Februar 2022 Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Parship war. Ab März 2022 musste der Betreiber der Plattform wegen einer Gesetzesänderung seine AGB anpassen.
Verbraucherzentralen: Klausel nicht zumutbar
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte eine Musterfeststellungsklage im Namen von 29 Parship-Kunden erhoben, der sich mehr als 1.200 weitere Verbraucher anschlossen. Der Verband argumentierte, dass es für die Mitglieder unzumutbar sei, mindestens zwölf Wochen vor Ablauf des Vertrages kündigen zu müssen, sofern sie sich kein weiteres ganzes Jahr an die Plattform binden möchten.
Das Gericht folgte der Argumentation des Bundesverbandes. Lediglich in den Fällen eines von Anfang an längeren Vertrags – üblicherweise 24 Monate – sei die zwölfwöchige Kündigungsfrist hinzunehmen.
OLG: Parship-Vertrag nicht mit Handyvertrag vergleichbar
Bei der Entscheidung zur automatischen Vertragsverlängerung habe für das Gericht auch der Aspekt der Erfolgsbezogenheit eine Rolle gespielt, sagte Gerichtssprecherin Christina Schachten. Ein Kunde brauche den Vertrag nicht mehr, wenn er über die Online-Agentur einen Partner gefunden habe. Das sei anders als etwa bei einem Mobilfunkvertrag, den man meist nur kündige, um den Anbieter zu wechseln. Bereits in der mündlichen Verhandlung am 21. September hatte der Berichterstatter des Zivilsenats, Stefan Schilling, erklärt: "Das ist sehr individuell, wann sich jemand erfolgreich verliebt fühlt." Es sei schwer vorstellbar, dass ein Nutzer danach noch auf der Plattform bleiben wolle.
Nachdem Parship im März 2022 aufgrund einer neuen Gesetzeslage seine AGB geändert hatte, kann die Mitgliedschaft bei nicht fristgerechter Kündigung nun monatlich beendet werden.
OLG: Fristlose Kündigung nicht jederzeit möglich
Die Musterfeststellungsklage richtete sich nicht nur gegen die Kündigungsklausel bei Parship. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen sollen Kunden jederzeit fristlos kündigen dürfen. Habe ein Kunde das Gefühl, seine Daten seien bei der Vermittlungsagentur nicht mehr in guten Händen, sei ein längeres Festhalten am Vertrag unzumutbar, argumentierte der Bundesverband, der sich dabei auf § 627 BGB berief.
Die beiden Feststellungsanträge zu diesem Punkt lehnte das OLG ab. Eine Dating-Plattform sei kein sogenannter Dienst höherer Art, wie etwa eine medizinische Behandlung, die man jederzeit kündigen könne, erklärte Schachten. Zudem habe der BGH bereits im Juni 2021 entschieden, dass es sich bei Parship nicht um eine klassische Heiratsvermittlung mit Karteikarten handele. Die Partnervorschläge basierten auf Algorithmen.
Henning Fischer, Referent im Team Musterfeststellungsklagen beim Bundesverband, meint dagegen, die Dating-Plattform erfrage viele sehr private Informationen von den Nutzern. Es müsse ihnen darum das Recht auf eine fristlose Kündigung nach dem BGB zustehen. Für die Offline-Partnervermittlung sei das anerkannt, aber für Online-Angebote noch nicht höchstrichterlich geklärt. Der Bundesverband werde darum eine Revision prüfen, sobald die Urteilsgründe vorlägen.
Parship kein klassischer "Offline"-Heiratsvermittler
Parship begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Es folge in wesentlichen Punkten der Rechtsauffassung des Hamburger Unternehmens. "Die Ausführungen des Gerichts unterstreichen, dass das digitale Angebot von Dating-Plattformen nicht mit der Dienstleistung klassischer "Offline"-Heiratsvermittler (...) vergleichbar ist", erklärte Unternehmenssprecherin Jeannine Michèle Kock. Ob Parship das Urteil akzeptieren werde, konnte Kock noch nicht sagen.
Sollte das Urteil rechtskräftig werden, würden die Kläger nicht automatisch Geld von Parship zurückbekommen, erläuterte Schachten. Sie müssten ihre Ansprüche dann in individuellen Klagen beim Amtsgericht geltend machen.
dpa/mw/LTO-Redkation
Hanseatisches OLG zur Musterfeststellungsklage: . In: Legal Tribune Online, 26.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53006 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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