Immer wieder traf man sich vor Gericht – jetzt hat ein Kuhglockenstreit in Bayern schon das OLG München erreicht. Doch auch nach dessen Urteil müssen die Nachbarn das Geläut auf einer Kuhweide hinnehmen.
Seit Jahren beschäftigt die bayerischen Gerichte ein nachbarschaftlicher Streit um das Glockengeläut weidender Kühe im oberbayerischen Holzkirchen. Nun ist das Verfahren beim Oberlandesgericht (OLG) in München ankommen. Aber auch in der Berufungsinstanz kam man zu dem Ergebnis: Die Kuhglocken dürfen weiter läuten (Urt. v. 10.04.2019, Az. 15 U 138/18).
Gestört fühlt sich ein Ehepaar des angrenzenden Nachbargrundstücks, das von einer Bäuerin gerichtlich ein Ende des Gebimmels verlangt. Der Ehemann und später auch seine Ehefrau waren zuvor in getrennten Prozessen in erster Instanz vor dem Landgericht (LG) München II gescheitert.
Der Knackpunkt in beiden Verfahren: Ein Vergleich, den der Mann bereits im September 2015 mit der Halterin der Kühe vor dem Amtsgericht (AG) Miesbach geschlossen hatte. Damals einigte man sich darauf, dass die Kühe der nördlichen Grundstückshälfte fernbleiben müssen und nur noch auf dem entfernteren südlichen Teil grasen dürfen. Daran hielt sich die Bäuerin. Den Eheleuten war es aber weiterhin zu laut.
Vergleich verhindert anderes Urteil
Deswegen legte der Nachbar Berufung ein – und verlor nun erneut. Mit dem Vergleich sei eine zeitlich unbegrenzte und auf das ganze Gebiet bezogene Nutzungsregelung getroffen, entschied das OLG München. Das heißt, dass dem Mann für das nördliche Grundstück eine vertragliche Unterlassungspflicht zustehe, die er vollstrecken könne. Für eine nochmalige gerichtliche Rechtsverfolgung fehle ihm daher das Rechtsschutzinteresse, entschied der Senat.
Hinsichtlich der südlichen Grundstückshälfte könne der Mann durch den geschlossenen Vergleich aber ebenfalls keine gesetzlichen Unterlassungsansprüche geltend machen. Schließlich sollte die vertragliche Vereinbarung den Nachbarschaftsstreit endgültig lösen, so die Münchner Richter.
Der Anwalt der Eheleute, Peter Hartherz, hatte in der mündlichen Verhandlung im Februar noch vorgebracht, dass Messungen am Schlafzimmerfenster des Paares eine Lautstärke von mehr als 70 Dezibel ergeben hätten. Zum Beweis spielte er im Gericht Aufnahmen des Gebimmels ab. Das Gericht kam dennoch zu dem Schluss, dass die Lärmangaben "zu pauschal" seien. Deswegen spreche auch der Grundsatz von Treu und Glauben nicht dagegen, sich auf den Vergleich zu berufen.
Nachbarn müssen auch Gülle, Jauche und Mist dulden
Nach dem Urteil am Mittwoch sagte Hartherz, sein Mandant habe auf eine Beweisaufnahme gesetzt. "Er hat darauf gehofft, dass das Gericht sich mal selbst ein Bild macht von den unhaltbaren Zuständen." Dazu zählen nach Ansicht des Ehepaares nicht nur die Kühe mit ihren Glocken, sondern auch Fliegen, die um die Kühe und von dort auf ihr Anwesen schwirren, sowie das Ausbringen von Gülle, Jauche und Mist. Aber auch diese Anträge lehnte das OLG ab.
Die Bäuerin sieht dem weiter andauernden Rechtsstreit gelassen entgegen. "Natürlich bin ich erleichtert. Wenn der Ehemann schon abgewiesen worden ist - warum soll die Ehefrau nicht abgewiesen werden?" Denn die Verhandlung für die Ehefrau in zweiter Instanz steht noch aus, Hartherz hat hier Berufung gegen das Landgerichtsurteil eingelegt. Der Anwalt gibt nicht auf: "Jetzt werden wir alles daransetzen, dass zumindest die Ehefrau des Klägers zu ihrem Recht kommt."
Ein Ende ist der Rechtsstreit also auch mit diesem Urteil nicht. Auch beim Ehemann könnte es weitergehen: Das OLG hat zwar eine Revision nicht zugelassen - doch Hartherz will wahrscheinlich Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
OLG München zu Tierimmissionen: . In: Legal Tribune Online, 10.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34849 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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