Die Paribus Fondsdienstleistung hat für mehrere Fondsgesellschaften der Wölbern Invest beim LG Hamburg eine Klage gegen Bird & Bird sowie drei ehemalige bzw. dort noch tätige Anwälte der Kanzlei eingereicht. Der vorläufige Streitwert liegt bei 166 Millionen Euro. Die Klage stützt sich nach Angaben von Paribus auf Fehlverhalten sowohl vertraglicher als auch deliktischer Art.
Die 264 Seiten umfassende Klageschrift (Az. 27 O 637/14) bezieht sich einer Mitteilung von Paribus zufolge auf sechs Kernpunkte: Die Kanzlei bzw. die drei Anwälte Dr. Ole B., Thomas D. und Frank M., deren langjähriger Mandant die Wölbern-Gruppe war, sollen Ideengeber der mutmaßlichen Veruntreuung von Anlegergeldern gewesen sein. Sie sollen Veruntreuungshandlungen bemäntelt und eine rechtliche Scheinlegitimation geschaffen haben. Ferner wird ihnen vorgeworfen, Dokumente unter Verschluss gehalten, berechtigte Auskunftsansprüche von geschädigten Anlegern abgeblockt und die Strafermittlungsbehörden irregeführt zu haben.
Der Streitwert von insgesamt 166 Millionen Euro setzt sich aus 130 Millionen Euro an Zahlungs- und 36 Millionen Euro an Freistellungsansprüchen zusammen.
Eine Sprecherin von Bird & Bird sagte gegenüber LTO: "Wir sehen keine Grundlage für die Klage. Wir werden uns daher mit allen rechtlich verfügbaren Mitteln entschieden zur Wehr setzen und die darin geäußerten Aussagen vollständig ausräumen. Bird & Bird hat sich im Rahmen der Beratung der Wölbern Gruppe im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt und an keiner Stelle Rechtsverletzungen legitimiert."
Spektakulärer Anlageskandal
Die Insolvenz der Wölbern Invest gilt als einer der größten Anlageskandale in Deutschland und einer der spektakulärsten Fälle in der Branche der geschlossenen Fonds. Seit Mai 2014 muss sich der frühere Wölbern-Invest-Inhaber Heinrich Maria Schulte vor Gericht verantworten. Die Hamburger Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmäßige Untreue in 360 Fällen vor. Schulte soll seine Stellung als Geschäftsführer der geschlossenen Wölbern-Fonds missbraucht und 147,3 Millionen Euro an Anlegergeldern aus den Fonds auf andere Konten der Wölbern-Gruppe sowie ein Privatkonto abgezweigt haben.
Der Beschuldigte, der 2006 bei Wölbern eingestiegen war, ist am 23. September 2013 im Zuge einer Razzia festgenommen worden und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Er hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Wenige Wochen nach Schultes Festnahme mussten die Wölbern Invest und die Wölbern Fondsmanagement Insolvenz anmelden.
In den Komplex involvierte Personen hatten mehrfach die Vermutung geäußert, dass Schulte die ihm zur Last gelegten Handlungen kaum alleine vorgenommen haben könne. Schulte habe viele Berater gehabt, die alle Vorgänge abgesegnet hätten, berichtete etwa das Fachmagazin Immobilien Zeitung unter Berufung auf Wölbern-Anleger.
Paribus, die im Januar 2014 die Anlegerverwaltung aller Wölbern-Fonds sowie das Fonds- und Asset-Management der Wölbern-Immobilienfonds übernommen hat, hatte noch im vergangenen Dezember eine Klage gegen die Wirtschaftsprüfer der Alfida Treuhand- und Beratungs-GmbH für diverse Wölbern-Fondsgesellschaften initiiert.
Bei den klagenden Parteien handelt es sich um 29 Wölbern-Fondsgesellschaften sowie um Dr. Tjark Thies von Reimer Rechtsanwälte, der als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Wölbern Invest und der Wölbern Fondsmanagement eingesetzt ist.
ah/LTO-Redaktion
Beraterhaftung: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14469 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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