2/2 Es muss nicht immer Pro Bono sein
Als Winheller seine Kanzlei vor zehn Jahren gründete, besetzte er mit dem dritten Sektor eine Nische. Der Steuerrechtler kam früh mit Nichtregierungs-Organisationen, Stiftungen und sozialen Verbänden in Kontakt. Er schrieb an einer Doktorarbeit zu diesem Thema und absolvierte ein Aufbaustudium in den USA. Dort hat das Spenden - und somit das Verwalten und Weiterleiten von Spendengeldern - eine lange Tradition. Mit dieser ursprünglichen Idee kehrte Winheller zurück nach Deutschland und gründete seine Kanzlei. Heute sind dort 16 Anwälte beschäftigt.
Der Fokus auf den gemeinnützigen, sogenannten dritten Sektor hat sich bewährt. "Mittlerweile decken wir die gesamte Bandbreite des Wirtschaftsrechts ab", sagt Winheller. "Unsere Mandanten bestehen aus Neugründungen und schon lange am Markt tätigen NGOs, aus Stiftungen, Altersheim- und Kindergartenbetreibern, aus Schulen und religiösen Einrichtungen, aus Sportvereinen, Forschungsinstituten und großen internationalen Hilfsorganisationen."
Insbesondere letztere verfügen über reichlich Fördergelder und Personal, weshalb die Rechtsfragen sich dort denen eines Mittelständers gleichen. Winheller: "Und oben drauf kommt das Gemeinnützigkeitsrecht. Das ist der maßgebliche Unterschied."
Manchmal prallen Welten aufeinander
Selbst die Akquise ähnelt sich: Netzwerke, Vorträge, Veröffentlichungen. Winheller hält es wie seine Kollegen in anderen Wirtschaftskanzleien und hat viel daran gearbeitet, seinen Branchenfokus bekannt zu machen. Auch Hogan Lovells nutzt klassisches Marketing, um ihre Pro-Bono-Beratung bei Sozialunternehmern vorzustellen. Denn wo Kontingente freigehalten werden, sollen die natürlich genutzt werden. Viele kleine gemeinnützige Unternehmen haben allerdings eine Scheu davor, bei einer Großkanzlei anzufragen. Diesem Image möchte Hogan Lovells entgegenwirken, etwa indem sie eine Podiumsdiskussion über Social Entrepreneurship organisiert.
"In gewisser Weise prallen dort tatsächlich Welten aufeinander", sagt Ashoka-Mitarbeiterin Heuer. Die Anwälte und Sozialunternehmer müssten sich oft erst aneinander gewöhnen. "Klassische Wirtschaftsanwälte betreten mit dem gemeinnützigen Sektor eine ganz andere Welt. Sie treffen auf Engagierte, die ohne Gewinnabsicht soziale Probleme lösen möchten. Den meisten ist es zudem eine persönliche Herzensangelegenheit." Emotionale Szenen während der Beratung, kommen jedoch nur sehr selten vor. Die Erfahrung zeigt, dass viele Gründer von sozialen Unternehmen zuvor viele Jahre in der ‚echten‘ Wirtschaft verbracht haben.
Beide Seiten lernen voneinander
Für Heuer profitieren beide Seiten: "Sozialunternehmer lernen, dass nicht immer alles gut läuft und dass es hilfreich sein kann, im Vorfeld verschiedene Szenarien zu durchdenken." Die Anwälte hingegen bekommen einen Einblick in ganz andere Themenfelder. "Die Anwälte schätzen die Persönlichkeiten der Sozialunternehmer und können sich Bereiche aussuchen, die sie persönlich interessieren. Etwa Bildungs- oder Kinderprojekte."
Der bunte Strauß des dritten Sektors biete für jeden Geschmack etwas, findet Steuerrechtler Winheller. "Manche Organisationen und Verbände zahlen Großkanzlei-Stundensätze. Andere wiederum können sich kaum etwas leisten und sind auf das ehrenamtliche Engagement angewiesen." Für ihn muss nicht immer alles Pro Bono laufen. Sonst wäre seine Kanzlei längst nicht mehr am Markt.
Désirée Balthasar, Soziale Unternehmen und Wirtschaftsrecht: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20642 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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