Juristen und die Cum-Ex-Deals: U-Aus­schuss befragt Steu­er­an­wälte

von Dr. Anja Hall

22.11.2016

2/2: Mehr Steuern erstattet als eingenommen

Im bisherigen Verlauf der Zeugenvernehmungen habe der Name Berger immer wieder eine Rolle gespielt, er soll einer der treibenden Kräfte hinter den Cum-Ex-Gestaltungsmodellen gewesen sein, heißt es aus dem Ausschuss. Hintergrund der umstrittenen Deals ist die Besteuerung von Dividenden: Bei den Geschäften geht es um den raschen Kauf und Verkauf von Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch rund um den Stichtag, an dem börsennotierte Unternehmen die Höhe der Gewinnausschüttung an ihre Kapitalanleger festlegen.

Die Wertpapiere wurden schnell im großen Stil zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Das führte dazu, dass Investoren von Banken Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern auf Dividendenerlöse bekamen, die tatsächlich gar nicht gezahlt wurden, was sie aber beim Fiskus steuerlich geltend machten. Die Finanzämter erstatteten dadurch mehr Steuern, als sie zuvor eingenommen hatten.

Maschmeyer erhebt schwere Vorwürfe gegen Sarasin-Bank

Auf der Zeugenliste des U-Ausschusses steht auch der Unternehmer Dr. Carsten Maschmeyer. Wie er dem Magazin Focus sagte, habe er nie wissentlich in die umstrittenen Aktiendeals zulasten der Staatskassen investiert. Die Bank J. Safra Sarasin habe sein Geld "zweckentfremdet und vertragswidrig wohl in einen Cum-Ex-Fonds investiert", so Maschmeyer. Der Fonds sei ihm als reiner Dividendenfonds dargestellt worden, "mit der Bestätigung an meine Steuerberater, dass hier keine Leerverkäufe stattfinden".

Maschmeyer und eine Reihe anderer vermögender Kunden haben die Bank auf Schadensersatz verklagt. Zu den weiteren Zeugen, die der Ausschuss hören will, zählt Prof. Dr. Thomas Koblenzer von der Düsseldorfer Steuerkanzlei Koblenzer. Er soll Gutachten zum Thema Cum-Ex vorlegen. Medienberichten zufolge schrieb Koblenzer u.a. ein Gutachten für den Drogerieunternehmer Erwin Müller, der mit Cum-Ex-Fonds bei Sarasin ebenfalls viel Geld verloren haben soll.

Dem Fiskus sollen zwölf Milliarden entgangen sein

Nach Koblenzer soll Günter Graw aufgerufen werden, der bis 2013 Manager bei der Deutsche-Bank-Fondsgesellschaft DWS war. Im Anschluss will man Wolfgang Schuck anhören, bis Oktober 2014 Vorsitzender der Geschäftsführung der Maple Bank. Beide Institute sollen Medienberichten zufolge in Cum-Ex-Deals verstrickt sein. Als letzter Zeuge will der Ausschuss den Ministerialrat Peter Rennings aufrufen. Er leitet im Bundesfinanzministerium das Referat IV C 2, das für Grundsatzfragen der Unternehmensbesteuerung zuständig ist.

Der Untersuchungsausschuss wurde im Februar dieses Jahres auf Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke eingesetzt, um die Ursachen der Entstehung der Cum-Ex-Geschäfte und deren Entwicklung von 1999 bis 2012 zu untersuchen. Dem Fiskus sollen durch das Steuermodell Einnahmen von rund zwölf Milliarden Euro entgangen sein.

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Anja Hall, Juristen und die Cum-Ex-Deals: . In: Legal Tribune Online, 22.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21229 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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