Studie zur Sichtbarkeit im Web: Großer Nach­hol­be­darf bei den großen Kanz­leien

von Dr. Anja Hall

24.03.2016

...liefert überraschende Ergebnisse

Die Kategorie "Ansehen" bewertet, wie oft die Kanzlei in einem positiven Zusammenhang erwähnt wird. Der Wert ergibt sich aus der Häufigkeit der Nennungen und daraus, wie groß darunter der Anteil von Nennungen in positiver Tonalität ist. Hier liegen CMS, Hogan Lovells und Ebner Stolz Mönnig Bachem vorn.

Weil es ein Ziel von Kommunikationsstrategien ist, nicht nur möglichst häufig in positivem Zusammenhang genannt zu werden, sondern auch möglichst viel häufiger in positiver als in negativer Stimmung, haben die Studienautoren den Wert der "Akzeptanz" eingeführt. Er ergibt sich aus dem Anteil der positiv-tonalen Nennungen (Zustimmung) und dem Verhältnis von positiven zu negativen Nennungen. Die drei Kanzleien, denen dies am besten gelingt, sind Baker Tilly Roelfs, Flick Gocke Schaumburg und Dentons.

Unter dem Wert der "Präferenz" wird erfasst, ob die Kanzlei eine starke, positive emotionale Bindung erreicht. Die Intensität der Nennungen ist ein Indikator für die Stärke der Emotionen. Je besser das Verhältnis von positiven zu negativen Nennungen (Bevorzugung) ist, umso mehr liegen diese Emotionen im gewünschten Bereich. Deswegen ergeben die Intensität und das Verhältnis von positiv-tonalen zu negativ-tonalen Nennungen die Präferenz. Flick Gocke Schaumburg, Heuking Kühn Lüer Wojtek und Ebner Stolz Mönning Bachem führen dieses Teilranking an.

Freshfields: Viel Feind, wenig Ehr

Die in den Online-Medien meistgenannte Kanzlei - und damit Siegerin im Teilranking "Aufmerksamkeit" -  ist Freshfields. Dennoch landet sie in der Gesamtschau mit 44,2 Indexpunkten bloß auf dem zwölften Rang. Verwunderlich, denn Freshfields fand sich in den letzten Monaten mit einem Prestige-Mandat regelmäßig prominent in der Presse wieder: Sie arbeitet für den Deutschen Fußballverband DFB die Vorgänge rund um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 auf.

Wie Jörg Forthmann, bei Faktenkontor verantwortlich für die Studie, sagt, musste Freshfields aber wegen des Mandats in Online-Diskussionen viel Kritik einstecken – und das habe sich negativ auf die Gesamtrankingposition ausgewirkt. Damals war viel über die Nähe eines Partners der Kanzlei zu dem Fußballverband und die Mandatsvergabe an Freshfields spekuliert worden. In den Teilrankings "Präferenz" und "Akzeptanz" schafft es die Kanzlei daher - trotz der Vielzahl der Nennungen - nicht unter die Top 15.

Zu viel Print, zu wenig online

Ohnehin schneiden die umsatzstärksten Kanzleien in dem Ranking nicht besonders gut ab. CMS, nach Umsatz die Nr. 2 in Deutschland hinter Freshfields und Betreiberin eines hauseigenen Blogs, kommt in dem Web-Visibilitäts-Ranking nur auf Platz neun. Damit liegt CMS allerdings immerhin noch ein gutes Stück vor einer weiteren Top-Kanzlei, Hengeler Mueller. Sie ist gemessen am Umsatz zwar drittstärkste Kanzlei, landet aber bei der Webpräsenz nur auf Platz 28. Nur wenig besser rangieren Clifford Chance (Umsatzranking: 4; Webranking: 16) und Linklaters (Umsatzranking: 5; Webranking: 21).

Forthmann erklärt sich das schlechte Abschneiden dieser Law Firms vor allem durch deren mangelndes Engagement in den sozialen Medien. "Ausgerechnet die bislang größten Kanzleien sind noch nicht richtig im Social-Media-Zeitalter angekommen", meint er. Sie konzentrierten ihre PR-Anstrengungen auf herkömmliche Print-Veröffentlichungen und seien kaum in Fachforen, bei Twitter oder in sozialen Netzwerken aktiv. "Viele Anwälte wollen ihren Namen unbedingt auf bedrucktem Papier sehen, nur das scheint für sie zu zählen", sagt Forthmann. "Doch damit blenden sie einen großen Teil der Realität aus - und zwar ausgerechnet den, der heute für die Akquise entscheidend ist."

Zitiervorschlag

Anja Hall, Studie zur Sichtbarkeit im Web: . In: Legal Tribune Online, 24.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18881 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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