Social-Media-Recht: Ist das schon Wer­bung?

von Viktoria Kraetzig und Lina Krawietz

11.05.2021

Da isst die Influencerin einen Schokoriegel, dort zeigt ein Bild den wissenschaftlichen Mitarbeiter beim Grillfest der Kanzlei: Darf ein Unternehmen so etwas posten? Viktoria Kraetzig und Lina Krawietz über das Recht in den Sozialen Medien.

Viele Unternehmen nutzen die Sozialen Medien inzwischen ziemlich selbstverständlich für die Selbstvermarktung, für das Recruitment – oder als Werbeplattform. Dafür platzieren sie in den Sozialen Medien Werbung - entweder über ihre eigenen Accounts oder mittels sogenannter "Influencer". Ist diese aber nicht hinreichend als solche gekennzeichnet, droht die Abmahnung. Doch was genau muss man überhaupt kennzeichnen?

"Social-Media-Recht" umfasst aber keinesfalls nur Lauterkeitsrecht. Zu beachten ist eine ganze Reihe an Vorgaben aus gleich mehreren Rechtsgebieten.

#Anzeige: Werbung als solche kennzeichnen

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) fordert eine Kenntlichmachung von "geschäftlichen Handlungen", das heißt jeder Handlung zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens.

Ein solches kennzeichnungspflichtiges Verhalten soll regelmäßig dann vorliegen, wenn ein Unternehmen einem Dritten für das Teilen eines Inhalts einen materiellen Vorteil gewährt (Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig, u.a. Urt. v. 13.05.2020, Az. 2 U 78/19). Aber Vorsicht: Andersherum lässt der Nichterhalt einer Gegenleistung eine geschäftliche Handlung nicht immer entfallen. Nach einer Entscheidung des OLG Köln ist maßgeblich, ob die Veröffentlichung vorwiegend der Information der Verbraucher oder doch im weitesten Sinne der Förderung von Absatz dient (OLG Köln, Urt. v. 19.02.2021, Az. 6 U 103/20). Ein Regierungsentwurf zur Neufassung des § 5a UWG geht in die gleiche Richtung.

Unterbleibt eine obligatorische Kennzeichnung, liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Schleichwerbung (§ 5 Abs. 6 UWG) vor - mit einer Ausnahme: Eine geschäftliche Handlung ist nicht zu kennzeichnen, wenn sich diese bereits "unmittelbar aus den Umständen ergibt".

Aber wann liegt eine offensichtliche Werbung vor? Im Einzelnen ist hier leider noch immer vieles unklar, denn eine höchstrichterliche Entscheidung fehlt bislang. Die Rechtsprechung hat jedoch schon einige Kriterien entwickelt, an denen man sich zumindest orientieren kann. So sollen eine hohe Followerzahl und die professionelle Gestaltung von Posts für eine offensichtliche Werbung sprechen (OLG Hamburg, Urt. v. 02.07.2020, Az. 15 U 142/19).

Immerhin besteht mittlerweile Klarheit, wie Werbung zu kennzeichnen ist: Am besten, indem man die entsprechenden Posts sichtbar mit dem Wort "Anzeige" beschreibt (Kammergericht  Berlin, Beschl. vom 11.10.2017, Az. 5 W 221/17; OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017, Az. 13 U 53/17) und dies nicht in einer ganzen Reihe von Hashtags, den so genannten Hashtag-Wolken, versteckt wird. Zudem sollen englische Bezeichnungen wie "Ad" oder "sponsored by" für Verbraucher nicht hinreichend eindeutig und damit unzulässig sein.

Urheberrechte Dritter beachten

Gebäude, Kunstwerke, Texte und sogar (kunstvoll gestaltetes) Essen - Fotos von urheberrechtlich geschützten Werken sind in den Sozialen Medien allgegenwärtig. Das Fotografieren und Teilen derartiger Inhalte ist jedoch nur mit Einwilligung des Urhebers erlaubt oder wenn eine urheberrechtliche Schranke greift. Es können zum Beispiel die Zitatfreiheit (§ 51 UrhG) oder die Schranke zur Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) einschlägig sein.

Bei einer kommerziellen Verwertung eines Fotos wird in den allermeisten Fällen aber keine der Schranken greifen.

Auch wenn eine Fotografie lediglich im Rahmen einer privaten Nutzung geteilt wird, ist Vorsicht geboten. Denn selbst dann ist die Nutzung des Fotos nur ausnahmsweise erlaubt, beispielsweise dann, wenn die sog. "Panoramafreiheit" (§ 59 UrhG) greift, also ein Bauwerk von einem öffentlichen Ort aus fotografiert wird oder das abgebildete Werk lediglich "Beiwerk" (§ 57 UrhG) ist.

Reposts nur mit Einwilligung

Auch von Dritten geteilte Inhalte können urheberrechtlich geschützt sein: Man denke an gepostete Fotografien oder Texte. Diese dürfen nicht beliebig – etwa in Form eines sog. Reposts – weiterverbreitet werden.

Bei einem Repost wird ein fremder Inhalt zunächst heruntergeladen und abgespeichert, um dann auf einem anderen Account wieder hochgeladen zu werden. Auch wenn der Urheber seinen ursprünglichen Beitrag löscht, bleibt sein Werk als Repost sichtbar. Da ein Reposten von Inhalten die urheberrechtlichen Verwertungsrechte der Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) erfüllt, ist es nur mit Einwilligung des Urhebers erlaubt.

Knackpunkt ist insoweit aber, dass nach dem BGH in jedem öffentlichen Teilen eines Inhalts eine konkludente Einwilligung in die Weiterverbreitung auf der jeweils genutzten Plattform liegt (BGH, Urt. v. 29.04. 2010, Az. I ZR 69/08).Ein Reposten ist also zulässig, wenn der Dritte den urheberrechtlichen Inhalt über ein öffentliches Profil geteilt hat.

Embedding nur von öffentlichen Inhalten

Werke von Dritten können auch derart weiterverbreitet werden, dass sie auf einem fremden Server bleiben, aber über eine Verlinkung in das eigene Profil eingebunden werden (Embedding). In dieser Konstellation hat der Urheber weiterhin Einfluss auf die Weiterverbreitung seines Werkes: Löscht er den Beitrag von seiner Seite, verschwindet auch der embeddete Post.

Ein Embedding von Inhalten stellt zwar keine Vervielfältigung (§ 16 UrhG) oder öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) dar, jedoch kann es sich um eine einwilligungspflichtige öffentliche Wiedergabe nach Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL (RL 2001/29/EG) handeln. Eine solche liegt vor, wenn durch die Einbindung des Werkes ein "neues Publikum" erreicht wird. Entscheidend soll sein, an welches Publikum der Urheber bei der ursprünglichen Wiedergabe gedacht und ob er Schutzvorkehrungen gegen eine Weiterverbreitung getroffen hat.

Für die Einwilligung ist auch hier allein entscheidend, ob das Werk ursprünglich über ein privates oder öffentliches Profil geteilt worden ist. Teilt der Urheber den Post über einen privaten Account, wird durch das Embedding durchaus ein neues Publikum erreicht. Hingegen wird kein neues Publikum erreicht, wenn der Urheber das Werk bereits selbst über einen öffentlichen Account geteilt hatte.

Einwilligung bei Bildern von Personen

Eine jede digitale Fotografie, die eine identifizierbare Person zeigt, unterfällt der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Eine Identifizierbarkeit ist immer dann anzunehmen, wenn die Identifikation der betroffenen Person möglich ist.

Mittlerweile ist geklärt, dass im "Normalfall" - jenseits des sog. Presseprivilegs - nicht mehr das Kunsturheberrechtsgesetz (KUG), sondern die DSGVO Anwendung findet. Für Personenbilder bedeutet das, dass schon deren Anfertigung grundsätzlich unzulässig und nur im Einzelfall erlaubt ist.

Üblich ist in der Praxis, dass die abgebildete Person ihre Einwilligung zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten erteilt hat. Sie muss diese Einwilligung insbesondere freiwillig und unmissverständlich abgeben. Möchte man also das Bildnis eines Dritten teilen, so empfiehlt es sich für Unternehmen aus Beweiszwecken, die Einwilligung schriftlich einzuholen - gerade dann, wenn sich die Einwilligung auch auf eine Nutzung zu kommerziellen Zwecken erstrecken soll.

Nennung von Marken Dritter

Auch mit der Nennung von Marken Dritter ist im Kontext der Sozialen Medien Vorsicht geboten. Denn ist ein Begriff markenrechtlich geschützt, so darf er nicht von Jedermann ohne die Zustimmung des Markeninhabers verwendet werden.

Markenrechtlich relevant ist die Wiedergabe des Zeichens eines Dritten dann, wenn sie "im geschäftlichen Verkehr", also im Zusammenhang mit einer kommerziellen Tätigkeit, erfolgt. Zudem muss das Kennzeichen des Dritten auch "markenmäßig" benutzt werden. In vielen Fällen wird es gerade hieran fehlen, nämlich wenn das Zeichen nur beschreibend benutzt wird.

Impressum nicht vergessen

Wer geschäftsmäßig einen Social Media Account betreibt, unterliegt schließlich nach § 5 Telemediengesetz (TMG) der Impressumspflicht. Davon ist bei Unternehmensprofilen oder bei Profilen natürlicher Personen, die insbesondere Werbezwecken dienen, stets auszugehen.

Greift die Impressumspflicht, stellt das begrenzte Platzangebot für Informationen in Sozialen Medien schnell ein Problem dar. Das Impressum muss nämlich gut sichtbar sein. Immerhin ist eine bloße Verlinkung auf das Impressum zulässig - mehr als zwei Klicks dürfen aber nicht erforderlich sein. Zudem sollte sich aus der URL ergeben, dass der Link zum Impressum führt.

Social Media Recht ist also nicht nur lauterkeitsrechtlich eine Herausforderung, sondern umfasst gleich mehrere Rechtsgebiete. Insbesondere bei der Beauftragung von Influencern bietet es sich daher an, eine vertragliche Grundlage zu schaffen, mit der die Einhaltung der komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen gesichert wird.

Die Autorin Viktoria Kraetzig ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Nordemann in Berlin. Sie ist spezialisiert auf Urheber-, Wettbewerbs- und Markenrecht. Sie berät Unternehmen gerade auch mit Blick auf Werbemaßnahmen in den Sozialen Medien.

Die Autorin Lina Krawietz ist Juristin und Design Thinking Expertin. Als Mit-Gründerin und Managing Partnerin der Innovationsberatung This is Legal Design begleitet sie Innovationsvorhaben in Rechtsabteilungen, Kanzleien und Startups.

Zitiervorschlag

Social-Media-Recht: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44931 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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