Der Plan von Facebook, eine virtuelle Währung ausgeben zu wollen, hat Währungshüter aufgeschreckt, denn Libra könnte zur Nebenwährung werden. Aber wie sind Kryptowerte überhaupt reguliert? Alexander Glos und Daniel Klingenbrunn erklären es.
Als Facebook kürzlich ankündigte, seine elektronische Geldbörse "Calibra" einzuführen, sorgte das für einigen medialen Wirbel. Ab 2020 soll Calibra dazu dienen, die virtuelle Währung "Libra" auszugeben, aufzubewahren und zu versenden. Außerdem soll Calibra es ermöglichen, gesetzliche Währungen in Libra umzutauschen. Es war allerdings weniger die Geldbörse als vielmehr die Vorstellung von Libra, die weite Kreise zog und sogar die Währungshüter auf den Plan rief.
Nach dem aktuellen Stand der Planungen soll Libra auf einer eigenen Blockchain basieren und durch die unabhängige Libra Association mit Sitz in Genf ausgegeben und weiterentwickelt werden. Die Libra Association soll entscheiden, wer an der Blockchain teilnimmt; es handelt sich daher um eine geschlossene, sogenannte permissioned Blockchain.
Libra soll zudem als "stabile" virtuelle Währung ausgestaltet sein, die im Gegensatz zu anderen virtuellen Währungen wie Bitcoin einen intrinsischen Wert hat. Dies will man erreichen, indem man eine Währungsreserve anlegt: Für ausgegebene Werteinheiten sollen entweder Gelder in entsprechender Höhe bei Banken hinterlegt oder in Staatsanleihen von Währungen mit beständigen und vertrauenswürdigen Zentralbanken angelegt werden.
Die Wertentwicklung dieser Reserve führt dazu, dass sich der Wechselkurs zwischen Libra und den verknüpften gesetzlichen Währungen ändert. Gleichzeitig soll aber der so geschaffene intrinsische Wert Libra vor Spekulation und damit vor massiven Wechselkursschwankungen schützen. Auf diese Währungsreserve und auf zusätzliche Libras sollen nur "Authorised Resellers" Zugriff erhalten, die diese an Handelsplattformen und andere Dienstleister weiterleiten können, die wiederum Libras in gesetzliche Währungen konvertieren.
Kein europäischer Rechtsrahmen für virtuelle Währungen
Die Pläne von Facebook rufen die Frage auf, wie virtuelle Währungen bzw. Kryptowerten eigentlich reguliert werden – das regulatorische Umfeld verändert sich derzeit rasant.
Taktgeber für neue Regeln zu Bank- und Finanzdienstleistungen ist in der Europäischen Union zumeist die Europäische Kommission. Währungsfragen obliegen allerdings der Europäischen Zentralbank (EZB) als der zentralen Institution des Eurosystems sowie den nationalen Zentralbanken. Zwar begleiten die Kommission und die EZB die Entwicklungen intensiv, aber einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen für virtuelle Währungen gibt es derzeit nicht. Die diesbezügliche Regulierung in den Mitgliedsstaaten ist entsprechend divers.
Dies betrifft schon die Frage, ob virtuelle Währungen überhaupt reguliert sind. So steht beispielsweise die deutsche Finanzmarktaufsichtsbehörde BaFin auf dem Standpunkt, Bitcoins seien "Rechnungseinheiten" im Sinne des Kreditwesengesetzes und unterlägen damit ihrer Aufsicht – eine Auslegung, der letzten Herbst das Kammergericht Berlin widersprach (Urt. v. 25.09.2018, Az.: 161 Ss 28/18 (35/18)). Die britische Financial Conduct Authority (FCA) auf der anderen Seite hält Bitcoins und vergleichbare virtuelle Währungen für überhaupt nicht reguliert.
Anbieter von Wallets brauchen künftig eine BaFin-Erlaubnis
Dies ändert sich erstmals durch die 5. Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843), die im vergangenen Juli in Kraft trat und mit der der europäische Gesetzgeber das Risiko adressiert, dass mit virtuellen Währungen Geldwäsche betrieben oder Terrorismus finanziert werden könnte. Aus diesem Grund sollen Dienstleistungsanbieter, die den Tausch zwischen virtuellen Währungen und Fiatgeld ausführen, sowie Anbieter elektronischer Geldbörsen - sogenannter Wallets - verpflichtet werden, verdächtige Transaktionen zu melden.
Der deutsche Gesetzgeber will die Richtlinie auf Grundlage eines am 24. Mai 2019 veröffentlichen Referentenentwurfs umsetzen. Das Anbieten elektronischer Geldbörsen soll demnach zum "Kryptoverwahrgeschäft" und zu einer Finanzdienstleistung werden. Damit gehen nicht nur geldwäscherechtliche Pflichten einher. Die Anbieter müssen sich vielmehr im Regelfall eine Erlaubnis bei der BaFin besorgen; andernfalls steht potentiell strafbares Verhalten im Raum.
Der "Kryptowert" wird erstmals definiert
Der Referentenentwurf etabliert in diesem Zusammenhang den Begriff des "Kryptowerts", der offensichtlich an das englische Crypto Asset angelehnt ist. Kryptowerte werden als digitale Darstellungen eines Wertes definiert, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird.
Er besitzt nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld, aber wird von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert oder dient Anlagezwecken und kann auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden.
Damit wird ein Auffangtatbestand geschaffen, der eine Vielzahl der am Markt erhältlichen virtuellen Währungen umfassen wird. Außerdem wird der "Kryptowert" im Kreditwesengesetz auf eine Stufe mit anderen Finanzinstrumenten gestellt. Die daraus resultierende Erlaubnispflicht würde auch Anbieter treffen, die reine Kryptowerte in Fiatgeld umtauschen.
Nicht jede Emission virtueller Assets ist reguliert
Für den Emissionsvorgang der auch Token genannten digitalen Darstellung des Wertes haben sich die Begriffe Initial Coin Offering (ICO) und Security Token Offerings (STO) herausgebildet. Für Emittenten von Token, die als Wertpapiere bzw. Vermögensanlagen qualifizieren, bestehen im Regelfall Prospekt- oder vergleichbare Informationspflichten.
Dem stehen Payment Token gegenüber, die eine geldähnliche Funktion haben. Sofern solche zentral ausgegeben werden und es daher einen Emittenten mit "zentralbankähnlicher" Funktion gibt, können diesen zwar grundsätzlich Pflichten treffen. Payment Token sind jedoch im Regelfall weder Wertpapiere noch Vermögensanlagen, sodass eine Prospektpflicht ausscheidet.
Vergleichbar mit der Verwaltungspraxis der BaFin zum "Mining" von Bitcoin liegt zudem nahe, dass das reine Erschaffen zusätzlicher Werteinheiten für den Emittenten keine Bank- oder Finanzdienstleistung darstellt, zumal die Eigenemission von Finanzinstrumenten keiner Erlaubnispflicht unterliegt.
Könnte Libra zur Nebenwährung werden?
Die Regulierung von virtuellen Währungen geht über Fragen der mikroprudentiellen Aufsicht hinaus. In Publikationen aus dem Jahr 2019 gehen die EZB und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) davon aus, dass Kryptowerte zwar derzeit kein bedeutsames Risiko für die Finanzstabilität darstellen, sich dies aber durch die Verbreitung und Verknüpfung zum gesamten Finanzsektor ändern könnte.
Die zum Teil scharfe Reaktion der Notenbanken und Aufsichtsbehörden auf Libra mag daher auch damit zusammenhängen, dass Libra ein enormes Verbreitungspotenzial besitzt. Die Deutsche Bundesbank stellte aufgrund der geplanten Unterlegung mit Staatsanleihen bereits die Frage nach der Systemrelevanz.
Eine weit verbreitete virtuelle Währung könnte zudem den Exklusivitätsstatus gesetzlicher Währungen in Frage stellen und eine Art "Nebenwährung" begründen. Vor diesem Hintergrund ist es gut möglich, dass Libra einen wichtigen Impuls für die weitere Regulierung von virtuellen Währungen geben könnte. Dadurch könnten auch die Eingriffskompetenzen der Zentralbanken gegenüber virtuellen Währungen stärkere Konturen gewinnen.
Dr. Alexander Glos ist Partner und Dr. Daniel Klingenbrunn ist Associate bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Frankfurt. Beide beraten im Finanzaufsichtsrecht.
Regulierung von Kryptowerten: . In: Legal Tribune Online, 23.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36655 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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