Unternehmensjuristen: "Die Urteile waren ver­hee­rend"

Interview von Dr. Anja Hall

02.02.2017

2/3 Das SRA-Gesetz: ein Meilenstein

LTO: Sind Sie rundum zufrieden mit dem Gesetz?

Kaßmann: Der Gesetzgeber hat eine Evaluationsphase bis 2018 vorgesehen, innerhalb derer das Gesetz überprüft werden soll. Ein Thema wird sein, dass mit dem SRA-Gesetz auch die anwaltlichen Berufspflichten Einzug in die Unternehmen halten, und das kann durchaus große Auswirkungen haben. Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen etwa spielt innerhalb eines Konzerns durchaus eine Rolle. Auch die Frage, wie wir die Verschwiegenheitspflicht umsetzen - ob man etwa Mitarbeiter und nichtjuristisches Personal verpflichtet, Verschwiegenheitserklärungen zu unterschreiben -, müssen wir in der Praxis klären.

Um es klar zu sagen: Die Berufspflichten gelten für niedergelassene Anwälte und Syndikusrechtsanwälte gleichermaßen, dafür haben wir ja auch gekämpft. Aber die Frage, wie sie genau im Einzelnen ausgeprägt sein müssen, damit sie im Unternehmen handhabbar sind, wird wohl in manchen Einzelfragen noch zu klären sein.

LTO: Mit dem SRA-Gesetz haben Sie eine weitgehende Gleichstellung von Syndikus und Rechtsanwalt erreicht, das war seit der Gründung ein wichtiges Ziel des Verbandes. Was gibt es also noch zu tun für den BUJ?

Kaßmann: Mit dem Gesetz liegt sicherlich ein Meilenstein hinter uns und man könnte sich in der Tat fragen: Was nun? Allerdings steigen unsere Mitgliederzahlen auch nach der Einführung des Gesetzes. Das zeigt doch, dass die Unternehmensjuristen nach wie vor die Notwendigkeit sehen, sich zu engagieren. Es gibt wichtige Zukunftsthemen, etwa die Digitalisierung der Rechtsberatung und den Einsatz von Legal Tech, die wir als Verband begleiten wollen.

Digitalisierung und die Folgen für Unternehmensjuristen

LTO: Was glauben Sie, wie die Rechtsabteilung der Zukunft aussieht?

Kaßmann: Durch die Digitalisierung werden sich die Aufgaben verlagern: Standardarbeit wird automatisiert, damit werden wiederum Ressourcen frei. Diese können dafür eingesetzt werden, die komplexen neuen Fragen, die sich ergeben - etwa nach dem Eigentum von Daten -, angemessen zu beantworten.

Das bedeutet für Unternehmensjuristen, dass sie künftig viel stärker in die Geschäftspraktiken einbezogen sein werden, einen viel tieferen Einblick in das operative Geschäft haben werden als bislang. Sie müssen dabei noch viel proaktiver als vielleicht bislang agieren, um als wertgeschätzte "Business Enabler" von den Inhouse-Mandanten wahrgenommen zu werden.

LTO: Gilt das für große und kleine Rechtsabteilungen gleichermaßen?

Kaßmann: Die Aufgabenstellungen sind gleich, ja. Ein Unterschied ist, dass die großen Rechtsabteilungen mehr Ressourcen haben. Der Leiter einen kleinen Abteilung, der womöglich sogar der einzige Jurist im Unternehmen ist, wird eher als Mittler gegenüber der Geschäftsleitung auftreten. Unsere Studie zur Digitalisierung hat gezeigt, dass die Budget-Frage immens wichtig ist, wenn es um die Digitalisierung der Rechtsberatung und den Einsatz von Legal Tech geht. Hier gibt es in großen Unternehmen häufig eine größere Bereitschaft, in Software-Lösungen zu investieren als vielleicht in kleinen Unternehmen, in denen der Unternehmensjurist darum sicherlich mehr werben muss.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Unternehmensjuristen: . In: Legal Tribune Online, 02.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21971 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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