Über was und in welcher Form darf ein Amtsblatt berichten? Die Südwest Presse streitet seit Jahren mit der Stadt Crailsheim, vertreten durch Menold Bezler, über diese Frage. Nun hat das OLG Stuttgart eine Unterlassungsklage zurückgewiesen.
Seit Jahren beschäftigen sich Gerichte in Baden-Württemberg mit der Frage, was ein Amtsblatt berichten darf - nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart sind Kirchen- und Vereinsnachrichten zulässig. Außerdem sei für die Einschätzung die ganze Ausgabe und nicht einzelne Artikel entscheidend, so der Vorsitzende Richter. In dem Berufungsverfahren wies der Senat eine Klage der Südwest Presse gegen das kostenlose Stadtblatt von Crailsheim im Kreis Schwäbisch Hall zurück (Urt. v. 29.05.2019, Az: 4 U 180/17).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte Ende 2018 entschieden, dass Kommunen in kostenlos verteilten Publikationen amtliche Mitteilungen veröffentlichen und über Vorhaben der Kommunalverwaltung sowie des Gemeinderats berichten dürfen. Unzulässig ist laut BGH aber "eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde". Dies sei "originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates". Bei der Beurteilung der Berichterstattung von Amtsblättern sei eine "wertende Gesamtbetrachtung" nötig.
Im aktuellen OLG-Urteil ging es um drei Ausgaben des Stadtblatts aus dem Jahr 2016. Der Vorsitzende Richter führte aus, dass einige Artikel - zum Beispiel über die Flüchtlingssituation in der Stadt - presseähnlich und damit rechtswidrig seien. Denn mit der Veröffentlichung habe das Amtsblatt gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse verstoßen. Entscheidend sei aber, dass die Ausgaben als Ganzes - etwa mit Artikeln zu der Städtepartnerschaft, Veranstaltungen der Volkshochschule oder eben Kirchen- und Vereinsnachrichten – nicht dagegen verstoßen.
Damit ist die kommunale Berichterstattung kein funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung und wirkt nicht damit pressesubstituierend. Der Verlag hat somit keinen Unterlassungsanspruch gegen die Stadt Crailsheim. Menold-Bezler-Anwalt Dr. Matthias Schröder hat die Stadt Crailsheim in wettbewerbs- und verfassungsrechtlichen Fragen beraten und vertreten. Die Rechtsberater der Südwest Presse waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht bekannt.
Das Landgericht Ellwangen hatte zuvor anders entschieden und nur ein Verbot der Kirchen- und Vereinsnachrichten abgelehnt. Beide Parteien legten Berufung ein: Der Verlag der Südwest Presse wollte erreichen, dass Amtsblätter auch keine Kirchen- und Vereinsnachrichten mehr veröffentlichen dürfen. Die Stadt Crailsheim wollte eine komplette Klagabweisung - und war damit nun erfolgreich. Der Vorsitzende Richter am OLG machte deutlich, dass er auf eine Beilegung des Streits hoffe - der BGH habe zu Frage bereits alles gesagt. Revision wurde nicht zugelassen, eine Nichtzulassungsbeschwerde ist möglich.
Im Konflikt zwischen Städten und Zeitungsverlagen hatte sich vor Kurzem auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) eingeschaltet. Er kündigte an, Vertreter beider Seiten ins Innenministerium einzuladen, um eine Lösung zu finden.
ah/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa
Menold Bezler für die Große Kreisstadt Crailsheim:
Dr. Matthias Schröder, Wettbewerbsrecht, Stuttgart
Menold Bezler: . In: Legal Tribune Online, 04.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35747 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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