Gläubigerausschuss entscheidet über Niki Air: Niki kauft Niki

23.01.2018

Überraschende Entscheidung nach einem Verhandlungsmarathon: Der Ex-Rennfahrer Niki Lauda bekommt die Airline Niki zurück. Das hat der österreichische Gläubigerausschuss einstimmig entschieden. Der Deal mit IAG wird damit hinfällig.

Die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki geht nach dem Willen des österreichischen Gläubigerausschusses wieder in die Hände ihres Gründers Niki Lauda. Das habe der Ausschuss einstimmig beschlossen, teilten der deutsche Insolvenzverwalter Prof. Dr. Lucas Flöther und die österreichische Masseverwalterin Dr. Ulla Reisch am Dienstagmorgen in einer gemeinsamen Presseerklärung in Wien mit. Man gehe davon aus, dass die Transaktion in Österreich und Deutschland kurzfristig insolvenzrechtlich genehmigt werde, hieß es. Der Ausschuss hatte rund 15 Stunden beraten.

Damit scheint der Verkauf der Air-Berlin-Tochter nun im dritten Anlauf zu gelingen. Zunächst sollte Niki mit einer weiteren Air-Berlin-Tochter, der LG Walter (LGW), für 210 Millionen Euro an die Lufthansa verkauft werden. Allerdings hatte die EU-Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken, und Lufthansa zog das Angebot zurück. 

Daraufhin meldete Niki Insolvenz an, das Verfahren wurde am Amtsgericht Berlin-Charlottenburg eröffnet. Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Flöther eingesetzt. Der hatte einen Fire Sale, einen Schnellverkauf des Geschäftsbetriebs, eingeleitet: Niki sollte an den britischen IAG-Konzern gehen. IAG hatte mit der spanischen Billigtochter Vueling 20 Millionen Euro und weitere 16,5 Millionen Euro als Massekredit zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes geboten.

Fairplane setzt Verfahren in Österreich durch

Allerdings geriet der Verkaufsprozess ins Stocken, weil das Fluggastrechte-Portal Fairplane Beschwerde dagegen eingelegt hat, dass das Insolvenzverfahren der Niki in Deutschland geführt wird und nicht in Österreich, wo das Unternehmen seinen Hauptsitz hat. Das LG Berlin gab Fairplane Recht. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, weil Niki Beschwerde zum BGH eingelegt hat.

Unterdessen hat allerdings das österreichische Landesgericht Korneuburg ein zweites Hauptinsolvenzverfahren über Niki eröffnet  - aus Flöthers Sicht ein Verstoß gegen die Europäische Insolvenzordnung (EuInsVO). Das Verfahren vor dem AG Charlottenburg hat jedoch weiter Bestand. Die österreichische Masseverwalterin Ulla Reisch und der vorläufige Insolvenzverwalter in Deutschland Flöther sind somit gleichgestellt.

Reisch hat einen weiteren Verkaufsprozess für Niki gestartet und die Bieter der vergangenen Investorenrunde aufgefordert, erneut Angebote abzugeben. Aus dieser Bieterrunde ging nun Niki Lauda als Sieger hervor. Details zu seinem Angebot wurden nicht mitgeteilt.

Der 68-jährige Lauda, der die Airlinie 2003 gegründet hatte und 2011 ausgestiegen war, wird sich nach Einschätzung von Experten auf das touristische Geschäft konzentrieren. Lauda habe im Vorfeld seines Angebots ausführliche Gespräche mit Touristikanbietern geführt, die nun größere Kontingente für ihre Gäste bei der Niki buchen dürften, sagte  Airline-Experte Gerald Wissel von der Hamburger Beratungsgesellschaft Airborne der Deutschen Presse-Agentur. In erster Linie komme dafür Thomas Cook in Frage, aber auch die TUI und andere Anbieter hätten ein Interesse an einem Ferienflieger, der nicht zum Lufthansa-Konzern gehört.

IAG reagiert enttäuscht

"IAG ist enttäuscht, dass Niki nicht in der Lage sein wird, sich als Teil der Gruppe zu entwickeln und zu wachsen", teilte der Konzern in einer kurzen Mitteilung in London mit. Das Unternehmen wollte sich nicht dazu äußern, ob es gegen die Entscheidung vorgehen will.

Die Entscheidung für Lauda dürfte bei den 1.000 Niki-Beschäftigten nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Betriebsratschef Stefan Tankovits war im Vorfeld des Gläubigerausschusses davon ausgegangen, dass alle 220 Piloten in diesem Fall kündigen würden. Als Lauda Chef der Airline war, seien die Piloten bei einer Personalleasing-Firma angestellt gewesen. Allerdings gebe es auch positive Aspekte im nun nachgebesserten Angebot des Airline-Gründers, meinte der Betriebsratschef. Lauda habe sich zum Standort bekannt, Gesprächsbereitschaft über einen Kollektivvertrag signalisiert sowie erklärt, dass alle rund 1.000 Beschäftigten ein Angebot erhalten würden, sagte Tankovits im Ö1-Morgenjournal.

Der deutsche Insolvenzverwalter Flöther, der die Eröffnung eines zweiten Hauptverfahrens in Österreich zunächst scharf kritisiert hatte, lobte am Dienstag die Zusammenarbeit mit der österreichischen Masseverwalterin. Diese verlaufe trotz der enormen Komplexität des Verfahrens höchst konstruktiv. "Ein schönes Beispiel österreichisch-deutscher Kooperation auf dem Gebiet des internationalen Insolvenzrechts."

ah/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

Zitiervorschlag

Gläubigerausschuss entscheidet über Niki Air: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26631 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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