Schlecker-Insolvenz: Pro­zess­auf­takt in Stutt­gart

06.03.2017

Die Insolvenz der Drogeriemarktkette Schlecker hat ein gerichtliches Nachspiel. Am Montag hat der Prozess gegen den Unternehmensgründer Anton Schlecker begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bankrott vor. Es geht um 20 Millionen Euro.

Es war eine der aufsehenerregendsten Firmenpleiten der vergangenen Jahre. Im Jahr 2012 musste Europas ehemals größte Drogeriemarktkette Schlecker Insolvenz anmelden. Mehr als 25.000 Mitarbeiter in Deutschland und ebenso viele im Ausland verloren ihren Job. Am Montag hat nun der Prozess gegen den Unternehmensgründer Anton Schlecker und seine Familie vor dem Landgericht (LG) Stuttgart begonnen (Az.: 11 KLs 152 Js 53670/12).

Die Staatsanwaltschaft wirft Anton Schlecker in einer 270 Seiten umfassenden Anklageschrift vorsätzlichen Bankrott vor. In Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens soll er in insgesamt 36 Fällen Vermögenswerte beiseite geschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen haben. Außerdem wird der 72-Jährige beschuldigt, den Zustand des Unternehmens im Konzernabschluss falsch dargestellt und vor dem Insolvenzgericht unrichtige Angaben gemacht haben.

Schlecker hatte sein Unternehmen nicht als GmbH, sondern als eingetragener Kaufmann (e.K.) geführt. Aus diesem Grund haftet er mit seinem persönlichen Vermögen.

Auch Schleckers Familie und zwei Wirtschaftsprüfer angeklagt

Schleckers Frau Christa und die beiden Kinder Meike und Lars sitzen wegen möglicher Beihilfe zum Bankrott auf der Anklagebank. Den Kindern wird darüber hinaus vorgeworfen, als faktische Geschäftsführer eines Logistikunternehmens dieses um mehrere Millionen Euro geschädigt zu haben. Sie ließen sich diesen Betrag als angeblichen Gewinn aus dem Geschäftsjahr 2011 ausschütten, "obwohl das Unternehmen - wie sie wussten - in diesem Geschäftsjahr nur Verluste erwirtschaftet hatte und bereits überschuldet war", so die Staatsanwaltschaft.

Angeklagt sind auch zwei Wirtschaftsprüfer, die mit der Prüfung des Jahresabschlusses des Einzelunternehmens im Geschäftsjahr 2009 bzw. des Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2010 beauftragt waren. Ihnen wird zur Last gelegt, die falsche Bilanzierung zwar erkannt, dessen ungeachtet aber in beiden Fällen attestiert zu haben, dass ihre Prüfung zu keinen Einwendungen geführt habe und die Jahresabschlüsse den gesetzlichen Vorgaben entsprächen.

Schlecker-Anwalt warnt vor Vorverurteilung

Anton Schlecker ließ die Vorwürfe zurückweisen. Sein Anwalt, der Strafverteidiger Norbert Scharf von der Kanzlei Grub Brugger, warnte vor einer Vorverurteilung seines Mandanten und kritisierte die Haltung der Staatsanwaltschaft: Jeder dürfe Schenkungen vornehmen und Kosten übernehmen. "Nach der Ratio der Anklage darf ihm nur eines nicht passieren: Später in die Insolvenz gehen."

Scharf monierte außerdem, dass im Vorfeld des Verfahrens Einzelheiten an die Öffentlichkeit gelangt waren. "Der Sachverhalt, um den es hier geht, ist komplex und verschließt sich einer einfachen und schnellen Beurteilung", sagte Scharf, der bereits Formel-1-Boss Bernie Ecclestone vertreten hatte.

Das Gericht hat zunächst 26 Verhandlungstage bis Oktober angesetzt. Da zwei Zeugen aus der Schweiz geladen sind, die sich weigern in Stuttgart auszusagen und im Nachbarland befragt werden müssen, rechnet der Vorsitzende Richter bereits damit, dass diese Termine nicht ausreichen werden. Im Falle einer Verurteilung drohen Anton Schlecker bis zu fünf Jahre Haft oder eine Geldstrafe, bei besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahre Haft.

dpa/ah/LTO-Redaktion

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Schlecker-Insolvenz: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22282 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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