LG Frankfurt am Main: Deut­sche Bank haftet nicht für Cum-Ex-Deals der War­burg-Bank

23.09.2020

Die Deutsche Bank muss die Steuerschulden der Privatbank M.M. Warburg aus Cum-Ex-Geschäften nicht ausgleichen. Warburg sei originäre Steuerschuldnerin und müsse die Steuern selbst tragen, so das LG Frankfurt.

Die Deutsche Bank muss laut einem Urteil nicht für Steuerschulden aus Cum-Ex-Geschäften der Hamburger Privatbank M.M. Warburg mithaften. Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main am Mittwoch in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil entschieden (Urt. v. 23.09.2020, Az. 2-18 O 386/18). "Die Privatbank Warburg ist originäre Steuerschuldnerin und hat die Steuern daher auch im Verhältnis zur Deutschen Bank primär zu tragen", entschied die 18. Zivilkammer in dem Streit um 167 Millionen Euro Steuerschulden aus Geschäften in den Jahren 2007 bis 2011.

Bei den umstrittenen Aktiendeals nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den Staat über Jahre um Milliardensummen an Steuern zu prellen: Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch rasch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere überhaupt gehörten. Die Folge: Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Europaweit soll sich der Schaden auf mehr als 55 Milliarden Euro belaufen. In Deutschland schloss der Staat das Steuerschlupfloch im Jahr 2012.

Keine Ausgleichpflicht der Deutschen Bank

Die Deutsche Bank hatte bei rund 400 solcher Aktientransaktionen der Privatbank Warburg in den Jahren 2007 bis 2011 als Depotbank des Aktienverkäufers fungiert. Da Warburg die Aktien vor dem jeweiligen Dividendenstichtag mit Dividendenanspruch gekauft, aber erst nach dem Dividendenstichtag ohne Dividendenrecht erhalten hatte, wurde ihr dafür eine Kompensation gutgeschrieben. Darauf führte sie selbst keine Kapitalertragssteuer ab, ließ sie sich jedoch auf ihre Körperschaftssteuer anrechnen. Später forderte das Finanzamt Hamburg rund 167 Millionen Euro an Kapitalertragssteuern von Warburg ein. Vor dem LG Frankfurt forderte die Privatbank von der Deutschen Bank Ausgleich für diese Steuerschulden.

Erneut hatte die Hamburger Bank in dem Verfahren argumentiert, dass es keine Absprachen zu Cum-Ex-Geschäften gegeben habe. Die Deutsche Bank sei als Depotbank des Verkäufers verpflichtet gewesen, Kapitalertragssteuer an den Fiskus abzuführen. Die Frankfurter Richter sahen das zwar ähnlich – dass die Deutsche Bank als Depotbank neben Warburg als Käuferin der Aktien zur Abführung der Steuer verpflichtet sei, diene jedoch "lediglich der Sicherung des Steueranspruchs zugunsten des Staates", so das Gericht. Eine Ausgleichpflicht der Deutschen Bank gegenüber Warburg als primärer Steuerschuldnerin begründe dies nicht. 

Die im Frankfurter Verfahren relevanten Aktientransaktionen waren Gerichtsangaben zufolge größtenteils Gegenstand des am LG Bonn geführten Strafverfahrens gegen zwei Londoner Aktenhändler. Die Bonner Richter hatten im März dieses Jahres gegenüber M.M. Warburg die Einziehung von Tatbeiträgen aus Cum-Ex-Geschäften in Höhe von ebenfalls rund 167 Mio. Euro angeordnet. In Frankfurt verlangte die Privatbank von der Deutschen Bank Freistellung für diese Einziehungen. Auch diese Forderung wies die 18. Zivilkammer am Mittwoch ab. 

Gegen das Frankfurter Urteil kann noch Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt eingelegt werden.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa 

Zitiervorschlag

LG Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 23.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42882 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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