Konflikte in der Kanzlei: Wie sag ich's meinem Chef?

von Dr. Anja Hall

04.10.2016

2/2 Den Partner auch mal loben

LTO: Der richtige Zeitpunkt ist gefunden - wie geht man jetzt im Gespräch taktisch am besten vor?

Schön: Am Anfang und am Ende etwas Positives sagen! Damit beeinflussen Sie, mit welchem Gefühl Sie und der Partner das Gespräch verlassen und wie sie sich an das Gespräch erinnern. Wer sich etwa über zu viel Arbeit beschweren will, kann zum Einstieg dafür danken, dass er viel lernen darf und in viele Mandate einbezogen wird. Das ist ja nun auch nicht selbstverständlich.

Ein zweiter Punkt ist, direkt Lösungen anzubieten. Partner haben oft wenig Raum und Sinn für diese – in ihren Augen – Lappalien und schätzen es daher, wenn sie mit dem Problem gleich eine Lösung präsentiert bekommen. Man sollte sich also in der Vorbereitung des Gesprächs fragen, welche Lösung man anbieten kann. Das könnte etwa bedeuten, Arbeit an einen wissenschaftlichen Mitarbeiter zu delegieren, um entlastet zu werden. Wer andere Mandate bearbeiten will, sollte genau wissen, welche das wären. 

Im Nachgang zum Gespräch sollte der Associate die Ergebnisse nachhalten - und sich auch dafür bedanken, wenn sich die Dinge zum Besseren verändert haben und erkennbar ist, dass der Partner sich um Verbesserung bemüht.

"Es ist eine Holschuld"

LTO: Klingt nach sehr viel Aufwand, nur um in Ruhe arbeiten zu können…

Schön: Richtig, es ist eine Holschuld. Das Bild des Associates, der in den Lehrjahren einer Großkanzlei alles ertragen muss, hat sich geändert. Heute darf und muss er Forderungen stellen. Auch wenn damit der ein oder andere Partner immer noch überfordert ist, da diese Art von Umgang mit Konflikten nicht gelernt ist, können Associates nicht erwarten, dass der Partner alles regelt und ihnen die Wünsche von den Augen abliest. Wer Manager sein will oder eine verantwortungsvolle Position besetzen will, der muss auch Konflikte ansprechen. 

LTO: Und wenn man nicht der Typ dafür ist?

Schön: Dann muss man es lernen. Viele sagen von sich, dass sie es lieber harmonisch haben und nicht der Typ sind, um Konflikte anzusprechen. Aber jeder kann es üben, ohne die Beziehungsebene zu zerstören.

LTO: Was sollte ein Associate tun, wenn der Partner ihn abblitzen lässt?

Schön: Man sollte es schon drei- bis viermal probieren. Wenn man immer wieder abblitzt, liegt der Verdacht nahe, dass der Partner den Konflikt aussitzen will. Im ersten Schritt gilt es zu reflektieren, woran es liegt: Der Associate sollte sich selbstkritisch fragen, ob er wirklich den richtigen Zeitpunkt und die richtige Ansprache gewählt hat. Vielleicht klang er zu vorwurfsvoll?

Notfalls sollte man über die Bande spielen und zum Beispiel die Personalabteilung einbeziehen, die hat oft besseren Zugriff auf die Partner. Wenn das alles nicht hilft, ist wohl der Zeitpunkt gekommen, um über einen Wechsel des Arbeitgebers nachzudenken.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Konflikte in der Kanzlei: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20757 (abgerufen am: 25.11.2024 )

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