Ständige Überstunden und keine Aussicht auf den nächsten Karriereschritt - wer unzufrieden im Job ist, sollte mit seinem Vorgesetzten darüber sprechen. Karriereberaterin Carmen Schön sagt, wie man diese heiklen Gespräche erfolgreich führt.
LTO: Was sind die häufigsten Gründe, wenn Anwälte in ihrem Beruf unzufrieden sind?
Carmen Schön: Zu viel Arbeit - das ist der Klassiker. Oft sind Anwälte auch verärgert darüber, dass die Mandate, auf denen sie arbeiten, nicht zu ihrem eigentlichen Schwerpunkt gehören und dass sie zu wenig Mandantenkontakt haben. Associates leiden auch unter einer schlechten Kommunikation. Sie bekommen beispielsweise zu wenig Feedback von dem Partner, etwa was ihre Karriereoptionen angeht. Im Grunde entzündet sich die Kritik meistens an dem Gefühl, dass der Partner in seinem Associate nur die reine Arbeitskraft sieht und sich zu wenig um den Menschen kümmert.
LTO: Wie geht ein Associate am besten vor, wenn er seine Unzufriedenheit gegenüber dem Partner adressieren will?
Schön: Grundsätzlich gilt, dass er nicht zu viel auf einmal ansprechen sollte. Wen zum Beispiel fünf Punkte stören, der sollte nicht zwei Jahre lang zähneknirschend schweigen und dann in einem Krisengespräch alles auf einmal loswerden. Das würde den Partner überfordern.
"Nicht zu lange warten"
LTO: Wie geht es besser?
Schön: In einem ersten Gespräch sollte man ein bis zwei Kritikpunkte ansprechen und im Anschluss daran an diesen Themen arbeiten. Ein halbes Jahr später bietet es sich an, ein weiteres Problem zu adressieren. So wird der Partner nicht von der geballten Kritik erschlagen.
Ein Associate sollte auch nicht zu lange warten, um einen Missstand anzusprechen. Sonst kommt irgendwann das Tröpflein, das das Fass zum Überlaufen bringt und er überreagiert. Wenn das Bauchgefühl bei der Arbeit nicht passt, dann sollte man zunächst überlegen, an was es liegt. Und das Problem möglichst schnell ansprechen.
Den richtigen Zeitpunkt finden
LTO: Gibt es einen idealen Zeitpunkt für ein Konfliktgespräch?
Schön: Solche Gespräche sollten immer unter vier Augen geführt werden, nicht etwa im Team-Meeting oder Jour fixe. Und der Partner sollte den Kopf dafür frei haben. Ein Partner, der in einer laufenden Transaktion die Nächte durcharbeitet, wird vermutlich wenig Sinn für Kritik an mangelnder Kommunikation haben. Er wird das Problem womöglich kurzerhand als Lappalie abtun.
Auch innerhalb eines Tages sollte man sich überlegen, wann ein guter Zeitpunkt ist. In den meisten Fällen dürften Krisengespräche frühmorgens, vor dem ersten Kaffee, oder abends nach 20 Uhr nicht ideal sein. Es kann aber auch sein, dass der Partner gerade dann besonders gut greifbar und aufgeschlossen ist.
LTO: Sollte man formell einen Termin vereinbaren?
Schön: Wenn einem das Thema wirklich wichtig ist, dann ja. Ansonsten wäre es womöglich besser zu überlegen, ob man damit nicht zu viel Wirbel macht.
Anja Hall, Konflikte in der Kanzlei: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20757 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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