Berufshaftpflichtversicherungen: Rank und Schlank versichert sich die moderne Kanzlei

von Christian Pothe

26.06.2014

Unternimmt Ihre Kanzlei schon alles, um Risiken zu minimieren oder zumindest einen daraus resultierenden Vermögensschaden abzufedern? Der Markt für Berufshaftpflichtversicherungen ist in Bewegung und Sie sollten die aktuellen Trends nicht verpassen, um auch künftig ruhig schlafen zu können.

Mit der Einführung der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) durch den Gesetzgeber im Jahr 2013 hat eine bis dato unbekannte Dynamik bei den anwaltlichen Berufshaftpflichtversicherungen Einzug gehalten; und diese dauert bis heute an.

Früher hatte man es noch mit einem eher statischen Versicherungsmarkt zu tun und als die heute amtierenden Managing Partner der großen Wirtschaftskanzleien ihre erste Anwaltszulassung erhielten, gab es in Deutschland noch nicht einmal eine Pflichtversicherung für Rechtsanwälte.

Auch nach der Einführung dieser Versicherungspflicht im Jahr 1994 war der Markt noch über Jahre sehr überschaubar. Lange Zeit haben ihn Versicherer wie Allianz, Victoria, Gerling und Albingia dominiert.

Unterschiede bei Versicherern: Achten Sie auch auf die Struktur

Mittlerweile hat sich dies aber geändert und das Spektrum ist deutlich unübersichtlicher geworden. Namen wie Allcura, Markel, Liberty oder Hiscox gehen immer noch nicht wirklich flüssig über die Lippen. Die Mitarbeiter dieser - zumindest in Deutschland - neuen Wettbewerber kennt man dagegen zum Teil bereits sehr gut. Viele von ihnen waren vorher für die etablierten Konkurrenten tätig und haben etwas vollzogen, das man in der Kanzleienwelt als Spin-off bezeichnen würde.

Neben der Zunahme bei der Anzahl der Versicherer gibt es auch immer größere Unterschiede in deren Leistungsangebot und innerer Struktur. Traditionshäuser bieten meist die volle Bandbreite der Versicherungsleistungen an. Einige Wettbewerber beschränken sich demgegenüber auf ein deutlich kleineres Spektrum bis hin zur reinen Fokussierung auf Exzedenten, also die Aufstockung der Versicherungssumme für ein einzelnes Mandat. Und während die Allianz traditionell eine eigene Schadenabteilung mit Volljuristen aufbietet, wickelt die Nürnberger ihre Schadenregulierung über die Ergo ab.  

Etwas übersichtlicher als bei den Erstversicherern ist übriges der Markt der Rückversicherer geblieben; dabei zählen Firmen wie Swiss Re und Munich Re zu den Playern, die auch vielen Endkunden noch geläufig sind. Leider führt dieser überschaubare Wettbewerb dazu, dass sich die Rückversicherer in ihrer Prämienstruktur nicht wirklich gravierend voneinander unterscheiden. Dies bedeutet wiederum, dass diejenigen Erstversicherer, die schon bei geringen Deckungshöhen auf Rückversicherer zurückgreifen müssen, meist auch in den Prämienverhandlungen gegenüber den Endkunden weniger flexibel agieren. Versuchen Sie also, rechtzeitig zu ermitteln, bis zu welcher Höhe Ihr Erstversicherer ein Risiko noch selbst trägt und ab welchem Punkt er auf einen Rückversicherer zurückgreifen muss.

Fortlaufender Trend zu höheren Deckungssummen

An dieser Stelle muss vorsorglich einmal betont werden, dass eine Berufshaftpflichtversicherung originär dafür gedacht ist, eingetretene Schäden zu regulieren. Die Kanzlei sollte jedoch zunächst größten Wert darauf legen, dass es gar nicht erst zu einer Pflichtverletzung kommt, die einen solchen Schaden verursacht. Die Berufshaftpflichtversicherung ist in einer gut geführten Kanzlei also nur einer von vielen Bausteinen des gesamten Risk Managements.

Von der Berufshaftpflichtversicherung müssen im Rahmen eines guten Risk Managements eigentlich nur drei Konstellationen abgedeckt werden. Dies ist zunächst die Haftung bis zur Höhe der mit dem Mandanten vereinbarten Haftungsbegrenzung, weiterhin die Haftung in Fällen, in denen der Mandant keine Haftungsbegrenzung unterschrieben hat, und schließlich die Haftung in Fällen, in denen sich eine unterzeichnete Haftungsbegrenzung als unwirksam erwiesen hat. Dieser Regelungsbereich erscheint auf Anhieb überschaubar. Die schon geschilderte Dynamik im Versicherungsmarkt hat jedoch in der letzten Zeit zu vielen Veränderungen geführt, die es ratsam erscheinen lassen, die eigene Police aus der Akte zu nehmen und zu überprüfen, ob sie noch auf der Höhe der Zeit ist.

Für die Veränderungen in den Policen gibt es drei Treiber: Rechtsprechung, Gesetzgebung und Versicherungskunden. Auf das Verhalten der letztgenannten geht dabei die Beobachtung von Dr. Stefan Riechert von der Allianz zurück, wonach "bei den Wirtschaftskanzleien ein fortlaufender Trend zu höheren Deckungssummen zu beobachten ist. Damit ist gewährleistet, dass der Abwehrschutz von unberechtigten Schadensersatzansprüchen in voller Höhe der Versicherungssumme vom Versicherungsschutz umfasst ist, da tendenziell die Forderungshöhe zunimmt."

Kanzleien reduzieren die Anzahl der versicherten Fälle

Im Gegenzug werden Policen wiederum häufig im unteren Bereich verschlankt, d.h. die Anzahl der versicherten Haftungsfälle wird reduziert. Sollte man für vergangene Jahre dann doch einmal auf ein Ausschöpfen der Deckung zulaufen, so ist eine rechtzeitige Rückwärtsdeckung denkbar.

Weiterhin kam es laut Dietrich Stöhr vom Versicherungsmakler Hoesch & Partner in den letzten Jahren auch "zu zahlreichen Verbesserungen der Versicherungsbedingungen. So ist in den neuen Deckungskonzepten der Versicherer die Haftung der ein- und austretenden Sozien voll mit abgedeckt. Risiken rund um die Tätigkeiten nach InsO sind nunmehr standardmäßig mitversichert. Die Mitversicherung der kaufmännischen Tätigkeit reicht – je nach Anbieter - von einer Beschränkung auf die Tätigkeiten nach InsO und einer Deckelung auf eine bestimmte Summe bis zu dem Einschluss für alle genannten Tätigkeiten ohne Deckelung der Versicherungssumme."

Daneben gab es zuletzt übrigens auch ein paar Schönheitskorrekturen, wodurch die Versicherungsbedingungen deutlich lesbarer geworden sind. Eine nicht ganz unwesentliche materielle Änderung in neuen Policen betrifft wiederum die Höhe der Selbstbeteiligung. Lag diese früher fast standardmäßig bei 2.500 Euro, hat sich jetzt eine Verringerung auf 1.500 und zum Teil sogar 750 Euro durchgesetzt. Nicht nur formale Verbesserungen mag es schließlich demnächst auch noch auf Betreiben der Bundesrechtsanwaltskammer geben. Sie hat ein Projekt zur Erstellung einheitlicher Musterbedingungen für anwaltliche Berufshaftpflichtversicherungen gestartet.

Wenig Schäden = gute Prämie?

Ein positiver Effekt des Eintritts der neuen Versicherer in den Markt für anwaltliche Berufshaftpflichtversicherungen ist eher zwischenmenschlicher Natur: Die Gespräche über den Abschluss von Policen sind geschmeidiger geworden und es kommt kaum noch zu den früher häufiger zu beobachtenden Verhärtungen bei den Verhandlungen über die Prämie.

Trotz allem sollte beim Abschluss neuer Policen auch weiterhin die optimale Absicherung der Anwälte und der gesamten Kanzlei im Mittelpunkt stehen und nicht die bedingungslose Minimierung der Prämie. Nichtsdestoweniger ist selbstverständlich auch deren Höhe ein wichtiger Punkt und dabei ist laut Dieter Philipp vom Versicherungsmakler Philipp & Dr. Kreth insbesondere "der bisherige Schadensverlauf in einer Sozietät zu beachten. Daneben gilt es, valide Prognosen unter Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung des Geschäfts der Kanzlei aufzustellen. Wichtige Argumente bei der Prämienverhandlung sind weiterhin Spezialisierungen der Berufsträger, insbesondere Fachanwaltschaften, zertifizierte Büroabläufe und ein gutes Fortbildungskonzept."

Zitiervorschlag

Christian Pothe, Berufshaftpflichtversicherungen: . In: Legal Tribune Online, 26.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12337 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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