Baden-Württemberg hat die DB Regio zu Recht vom Vergabeverfahren "Stuttgarter Netze" ausgeschlossen. Das hat das OLG Karlsruhe heute bestätigt. Die Rechtsvertreter im Streit um den milliardenschweren Vertrag waren Heuking und Allen & Overy.
Das Verkehrsministerium von Baden-Württemberg hatte 2015 SPNV-Dienstleistungen im Großraum Stuttgart für die Dauer von bis zu 13,5 Jahren ab 2019 europaweit in drei Losen ausgeschrieben - ein äußerst lukrativer Auftrag: Er umfasst rund 14,8 Millionen Zugkilometer im Jahr, das ist etwa ein Viertel der gesamten jährlichen Nahverkehrsleistungen im Südwesten Deutschlands. Das Umsatzvolumen für alle drei Lose beträgt bei 13 Jahren Vertragslaufzeit rund 2,7 Milliarden Euro.
Im November 2015 teilte das Land Baden-Württemberg der mitbietenden DB Regio AG mit, dass ihr Angebot wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen auszuschließen sei. Bei der Ausschreibung hatte die DB Regio allerdings die preisgünstigere Offerte gemacht und ihren aus Monopolzeiten stammenden bisherigen Zugkilometerpreis von 11,70 Euro sogar halbiert.
DB Regio legte günstigstes Angebot vor
Aus Sicht des Verkehrsministeriums hat der Bahnkonzern allerdings wichtige Anforderungen der Ausschreibung nicht erfüllt. Es geht um die Bedingung, dass die Preise pro Zugkilometer im ersten Betriebsjahr nicht mehr als zehn Prozent höher sein dürften als in den Folgejahren. Diese Preisgrenze war von der Bahn leicht überschritten worden, wie das Land meinte. Deshalb sollten die Mitbewerber, Abellio und Go-Ahead, den Zuschlag erhalten.
Die DB Regio AG reichte, vertreten durch Allen&Overy-Vergaberechtler Dr. Olaf Otting, gegen diese Entscheidung im November 2015 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer (VK) Baden-Württemberg ein. Die VK wies den Antrag im Februar 2016 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der DB Regio, die der zuständige Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe heute zurückgewiesen hat (Beschl. v. 29.04.2016, Az: 15 Verg 1/16).
OLG: Ausschluss war rechtmäßig
Der Senat hat entschieden, dass der Ausschluss des Angebots der DB Regio AG zu allen drei Losen rechtmäßig war. Das Angebot eines Bieters darf nur ausgeschlossen werden, wenn die Leistungsbeschreibung widerspruchsfrei und eindeutig ist. "Dies war vorliegend der Fall. Trotzdem hat die DB Regio AG nicht mit den durch die Ausschreibung vorgegebenen Zahlen gerechnet und hierdurch die Vertragsunterlagen im Sinne des Vergaberechts geändert", so das OLG.
Ob der Ausschluss des Angebots darüber hinaus auch deshalb rechtmäßig war, weil die DB Regio AG keine gesondert ausgewiesenen Kosten für Werkstätten angegeben hat und dies im Verfahren damit begründete, dass sie bereits über Werkstätten verfüge, hat der Senat - ebenso wie zuvor die Vergabekammer - offen gelassen. Gegen die Entscheidung des Vergabesenates ist kein Rechtsmittel gegeben.
Die Entscheidung des OLG kommt für Beobachter nicht überraschend. Bei der mündlichen Verhandlung am 22. April habe die Vorsitzende Richterin Hannelore Hemmerich einem Bericht der Stuttgarter Zeitung zufolge erkennen lassen, dass sie der Bahn wenig Chancen einräume. Selbst der Anwalt der Bahn, Olaf Otting, soll der Rechtsvertreterin des Landes, Heuking-Partnerin Dr. Ute Jasper, zugerufen haben: "Sie gewinnen doch hier!"
Einigung im Streit um "Großen Verkehrsvertrag"
In einem anderen Streit um SPNV-Dienstleistungen haben sich das Land Baden-Württemberg und die DB Regio inzwischen außergerichtlich geeinigt. Hier ging es um den 2003 geschlossenen "Großen Verkehrsvertrag". Die Vergütung aus dem Vertrag mit einem Gesamtvolumen von rund sechs Milliarden Euro, 13 Jahren Laufzeit und und 40 Millionen Zugkilometern jährlicher Betriebsleistung war umstritten.
Deshalb hatte das Land ab 2012 rund 135 Millionen Euro einbehalten. Auch hier hat das Heuking-Team um Jasper das Land bei den Verhandlungen mit der DB Regio beraten. Bei dem nun gefundenen Kompromiss verzichtet DB Regio auf die Hälfte des zurückbehaltenen Betrages in Höhe von 67 Millionen und auf Zinsen von ca. 20 Millionen, garantiert besseres Zugmaterial und verpflichtet sich zu zusätzlichen Leistungen.
Heuking Kühn Lüer Wojtek für das Land Baden-Württemberg:
Dr. Ute Jasper, Vergaberecht, Partnerin, Düsseldorf
Dr. Laurence Westen, Vergaberecht, Düsseldorf
Dr. Jens Biemann, Vergaberecht, Salaried Partner, Düsseldorf
Allen & Overy für DB Regio:
Dr. Olaf Otting, Vergaberecht, Partner, Frankfurt
Heuking / Allen & Overy: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19197 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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