Freshfields zu Bericht über WM-Affäre: "Den DFB erst am 12. Sep­tember über Becken­bauer-Ver­träge infor­miert"

von Dr. Anja Hall

19.09.2016

Nachdem bekannt wurde, dass Franz Beckenbauer im Zusammenhang mit der WM 2006 Millionenzahlungen erhalten hat, rückte die Aufklärungsarbeit von Freshfields für den DFB in die Kritik. Christian Duve bezieht nun Stellung zu den Vorwürfen.

Am vergangenen Dienstag war bekannt geworden, dass Franz Beckenbauer als Chef des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006 keineswegs nur ehrenamtlich tätig war, sondern im Zusammenhang mit Werbeleistungen für den Wettanbieter Oddset Zahlungen von insgesamt 5,5 Millionen Euro vom DFB erhalten hat. Verschiedene Medien hatten darüber berichtet, und u.a. die Süddeutsche Zeitung warf die Frage auf, wie gründlich die umfangreiche Untersuchung rund um das "Sommermärchen 2006" denn tatsächlich war, die Freshfields Bruckhaus Deringer im Auftrag des DFB vorgenommen hat.

Am Freitagnachmittag versandte die Kanzlei eine Mitteilung und bezog Stellung zu den Fragen, inwieweit diese Zahlungen Gegenstand der von Freshfields durchgeführten Untersuchung waren und in welchem Umfang bzw. wann die Verantwortlichen des DFB darüber informiert wurden. Prof. Dr. Christian Duve, der die Untersuchung im Auftrag des DFB geleitet hat, erklärt darin, dass die DFB-Spitze "erst am Montag, den 12. September, Kenntnis der Vertragsdokumentation bekommen hat."

Auch über die genauen Zahlungsbeträge und -flüsse zwischen dem DFB und Franz Beckenbauer habe Freshfields die aktuelle DFB-Führung erst am vergangenen Montag informiert. Daher habe sich der gesamte Vorgang für die DFB-Spitze erst dann vollständig einordnen und bewerten lassen. "Während der Untersuchung haben wir zwar über Zahlungen an Franz Beckenbauer im Zusammenhang mit einem Oddset-Vertrag ebenso wie über eine Vielzahl anderer Themen unterrichtet, ohne jedoch jeden dieser Vorgänge im Detail besprechen zu können", so Duve weiter.

Oddset-Vertrag taucht nicht im Untersuchungsbericht auf

Im Vordergrund der Untersuchung von Freshfields stand eine im April 2005 geleistete Zahlung des Organisationskomitees der WM 2006 in Höhe von 6,7 Millionen Euro an die FIFA. Die Kanzlei hat u.a. untersucht, ob es Anhaltspunkte für eine Beeinflussung der Vergabeentscheidung für die WM 2006 gab.

Im Rahmen ihrer Ermittlungen seien die Anwälte auch auf Zahlungen an Franz Beckenbauer im Zusammenhang mit einem Oddset-Vertrag gestoßen. Man sei "nach der gebotenen Prüfung" zu dem Ergebnis gekommen, "dass dieser Vorgang keinen erkennbaren Bezug zum Untersuchungsgegenstand aufwies, weshalb er später auch keinen Eingang in den Untersuchungsbericht fand", heißt es in der Stellungnahme.

Wie der DFB zwischenzeitlich mitteilte, erhielt Beckenbauer in den Jahren 2005 und 2006 mehrere Zahlungen über insgesamt 5,5 Millionen Euro von dem Verband. Beckenbauer stellte sich dem Wettanbieter Oddset als Testimonial zur Verfügung, erhielt das Geld dafür aber vom DFB.

Zahlungen waren schon im März ein Thema

Laut Freshfields-Partner Duve sind die Zahlungen an Beckenbauer im Verlauf der Sitzung des DFB-Vorstandes vom 4. März 2016, als die Ergebnisse des Untersuchungsberichts vorgestellt wurden, kurz erwähnt worden. Eine Frage nach Zahlungen an Franz Beckenbauer sei lediglich kurz beantwortet worden, ohne dass es weitere Nachfragen gegeben hätte oder die Vertragsbeziehungen näher dargestellt worden wären.

Diese Aussage bestätigt auch der DFB, der Auszüge aus dem Sitzungsprotokoll veröffentlichte: "Andreas Rettig erkundigte sich nach Honoraren für Franz Beckenbauer durch den DFB. Prof. Duve erklärte, dass Franz Beckenbauer für die Bewerbungs- und Organisationsphase kein Gehalt bekommen habe. Ein anderer Vorgang betreffe seinen Werbevertrag mit Oddset. Hierfür seien Zahlungen in Höhe von 4,5 Millionen Euro geleistet worden."

Die Abweichung in der Summenhöhe ergibt sich laut DFB daraus, dass die erste Zahlung in Höhe von einer Million unmittelbar über ein DFB-Konto gezahlt und erst später den Konten des WM-OK belastet wurde. Die Anwälte von Freshfields konnten diese Zahlung zunächst nicht mit dem Oddset-Vertrag in Verbindung bringen.

Freshfields hatte im Auftrag des DFB die Vorgänge rund um die Vergabe der WM nach Deutschland untersucht und dafür rund fünf Millionen Euro Honorar erhalten. Ein Team aus 42 Anwälten hatte 740 Aktenordner und 128.000 Mails ausgewertet und zahlreiche Interviews mit den damaligen Entscheidungsträgern geführt.

Beteiligte Kanzleien

Beteiligte Personen

Prof. Dr. Christian Duve

Zitiervorschlag

Anja Hall, Freshfields zu Bericht über WM-Affäre: . In: Legal Tribune Online, 19.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20617 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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