Seit Jahren ringt die internationale Gemeinschaft um eine Mindeststeuer für große Unternehmen. Warschau blockiert nun deren Umsetzung in der EU - vermutlich, um anderswo Druck auszuüben.
Polen blockiert ein EU-Gesetz zur Umsetzung der internationalen Mindeststeuer für Unternehmen. "Bedauerlicherweise hat es heute keine Einigung gegeben über die Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung in der Europäischen Union", sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) nach einem Treffen der EU-Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag. "Wir waren bis auf einen Mitgliedsstaat, Polen, einer Meinung, dass dies ein großer Fortschritt ist."
Der französische Finanzminister Bruno Le Maire, der zur Zeit den Vorsitz des Finanzrats innehat, zeigte sich verärgert. Die Gründe, warum Polen das Gesetz abgelehnt habe, seien ein "Mysterium", sagte er. "Ich möchte ihnen einfach sagen, dass wir alle technischen Bedenken der Mitgliedstaaten beantwortet haben." So hätten auch Estland, Malta und Schweden letztlich keine Einwände gehabt. Auch auf die Bedenken Polens habe man reagiert. "Es muss also einen anderen Grund geben, einen Grund den ich nicht kenne", sagte Le Maire.
In Brüssel wird vermutet, dass Polen mit der Blockade die Freigabe von Geldern aus dem Corona-Hilfsfonds erpressen will. Die EU-Kommission verzögert die Auszahlung bislang wegen Bedenken über die Unabhängigkeit der polnischen Gerichte. Le Maire bestätigte dies jedoch nicht.
Pläne sehen Mindeststeuer von 15 Prozent vor
Die Europäische Kommission hatte im Dezember einen Gesetzesvorschlag präsentiert, um einen ersten Teil der ehrgeizigen internationalen Steuerreform umzusetzen, auf die sich die EU zuvor mit über 130 anderen Ländern geeinigt hatte.
Ziel ist es, die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen zu verhindern. Internationale Firmen mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz pro Jahr sollen künftig unabhängig von ihrem Sitz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Der Vorschlag muss noch von den EU-Ländern und vom EU-Parlament angenommen werden, bevor das Gesetz ab 2023 in Kraft treten kann.
Ein weiterer Teil der globalen Steuerreform soll nach Angaben der Kommission später im Jahr mit einem Gesetzesvorschlag konkretisiert werden. Dieser soll sicherstellen, dass internationale Digitalkonzerne wie Facebook nicht nur im Heimatland besteuert werden, sondern auch dort, wo sie tatsächlich Geschäfte betreiben.
Polen besteht nun darauf, beide Teile gesetzlich zu koppeln - auch wenn es nur für den ersten Teil mit den 15 Prozent bislang einen Gesetzestext in der EU gibt. Feste Zusicherungen, dass der zweite Teil folgen werde, hätten der Regierung in Warschau nicht ausgereicht, erklärte Le Maire am Dienstag.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Französischer Finanzminister spricht von Mysterium: . In: Legal Tribune Online, 05.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48055 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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