Auf der Suche nach Beweisen für Cum-Ex-Aktiendeals zu Lasten der Staatskasse haben Fahnder am Mittwoch weiteres Material bei der Deutschen Börse gesichtet. Im Fokus steht die Abwicklungs- und Verwahrtochter Clearstream.
Auf Geheiß der Staatsanwaltschaft Köln waren schon am Dienstag etwa 50 Beamte in der Zentrale der Deutschen Börse in Eschborn bei Frankfurt vorstellig geworden. Die Durchsuchung dauere noch an, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln am Mittwoch.
Laut dem Sprecher gibt es "im Rahmen des Verfahrenskomplexes um die Cum-Ex-Geschäfte Durchsuchungsmaßnahmen bei Beschuldigten". Aufgrund des Steuergeheimnisses wollte er keine weiteren Angaben machen.
Ermittlungen gegen Kunden und Mitarbeiter
Ein Sprecher der Deutschen Börse erklärte, die Durchsuchungen erfolgten "im Rahmen von Ermittlungen gegen Kunden und Mitarbeiter". Der Dax-Konzern kooperiere "vollumfänglich" mit den Ermittlungsbehörden. Zu der Frage, welche Büros im Fokus standen, äußerte er sich nicht.
Schon vor rund zwei Jahren war die Deutsche Börse ins Visier der Kölner Ermittler geraten. Im September 2017 durchsuchten sie Räume von Clearstream in der Konzernzentrale in Eschborn. Die nun laufenden Untersuchungen stünden in Zusammenhang damit, sagte der Konzern-Sprecher weiter.
Nach Informationen des Handelsblattes geht es um den Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Rahmen sogenannter Cum-Ex-Geschäfte. Clearstream ist eine Abwicklungs- und Verwahrgesellschaft für Börsengeschäfte - das Unternehmen soll laut Handelsblatt Kunden geholfen haben, Kapitalertragssteuern mehrfach erstattet zu bekommen. Clearstream ist einer der größten Anbieter von Wertpapierdiensten weltweit. Das Unternehmen verwahrte 2018 im Jahresschnitt Vermögenswerte von rund 11,3 Billionen Euro für Kunden.
Erster Strafprozess beginnt kommende Woche
Bei den Cum-Ex-Aktiengeschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den Staat über Jahre hinweg um Milliarden zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Die Folge: Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Das Steuerschlupfloch wurde im Jahr 2012 geschlossen.
Bisher ist nicht klar, ob Cum-Ex-Geschäfte nur moralisch fragwürdig oder auch illegal waren. Damit wird sich aber in Kürze das Landgericht Bonn befassen: Am 4. September beginnt dort der erste Strafprozess gegen zwei britische Wertpapierhändler. Die Staatsanwaltschaft geht von 33 Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung aus, deren Schaden sich auf mehr als 440 Millionen Euro belaufe.
dpa/ah/LTO-Redaktion
Cum-Ex-Ermittlungen: . In: Legal Tribune Online, 28.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37299 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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