Beraterhaftung: Clifford Chance, JP Morgan und BVG streiten um Millionen

28.01.2014

Vor dem Londoner High Court wird über eine millionenschwere Haftungsklage gegen Clifford Chance verhandelt. Es geht um ein hochriskantes und letztlich gescheitertes Finanzgeschäft, das die Berliner Verkehrsbetriebe BVG im Jahr 2007 mit der Investmentbank JP Morgan geschlossen haben. Clifford Chance beriet in dem Zusammenhang, nun will die BVG die Kanzlei für das Verlustgeschäft haftbar machen.

Mit Hilfe sogenannter Cross-Border-Leasing-Geschäfte hatten die Berliner Verkehrsbetriebe von 1997 bis 2002 neue Straßenbahnen und U-Bahn-Züge finanziert. Sie verkauften diese an US-Investoren und mieteten sie zurück. Um die Risiken aus diesem Geschäft zu reduzieren, ließ sich die BVG auf eine Transaktion mit hochspekulativen Papieren ein: 2007 übernahm sie von JP Morgan ein Portfolio von Kreditderivaten mit einem Volumen von 157 Millionen Euro. Damit wollte sie einen Gewinn von 5,6 Millionen Euro erzielen und eine Kreditversicherung für neue Risiken aus den Leasinggeschäften von 1,3 Millionen Euro begleichen.

Das Geschäft ging schief, und die BVG verweigerte die Zahlung an JP Morgan. Die Bank fordert nun vor dem High Court, die BVG auf die Zahlung der ausstehenden Millionen zu verurteilen. Die BVG ist aber nicht nur Beklagter, sondern auch Klägerin. Denn das Gericht verhandelt auch die Ansprüche der BVG gegen Clifford Chance. Im Kern geht es dabei um die Frage, wer der Mandant der Kanzlei war – JP Morgan oder BVG. 

BVG erhebt schwere Vorwürfe gegen die Top-Kanzlei

Clifford Chance hatte auf Bitten der Verkehrsbetriebe eine Legal Opinion zu dem Finanzgeschäft erstellt und dafür 45.000 Euro Honorar erhalten. Tatsächlich bestand aber ein Mandatsverhältnis zwischen JP Morgan und der Kanzlei. Der BVG war dies nach eigenen Angaben nicht bekannt, wie aus einem Schriftsatz hervorgehen soll, den die Tageszeitung taz nun öffentlich machte.

Die Verkehrsbetriebe sind auf dem Standpunkt, dass Clifford das Gutachten im Sinne von JP Morgan abgegeben und die Risiken des Finanzgeschäfts gegenüber der BVG bewusst verschwiegen habe. Damit werfen die Verkehrsbetriebe der renommierten Kanzlei einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Bundesrechtsanwaltsordnung vor.

Clifford Chance weist die Vorwürfe entsprechend vehement zurück: "Die von uns abgegebene Legal Opinion wies in ihrer Einleitung ausdrücklich darauf hin, dass JP Morgan unser Mandant war und BVG nur der Kunde von JP Morgan, an den die Legal Opinion als Dritter gerichtet war. Das wurde von BVG damals verstanden und akzeptiert. Die Legal Opinion hat weiterhin ausdrücklich klargestellt, dass sie nur bestimmte Fragen behandeln würde und andere nicht. Auch dies wurde von BVG verstanden und akzeptiert", heißt es in einer Stellungnahme der Sozietät.

Zunächst sollte Freshfields mandatiert werden

Wie aus dem Schriftsatz weiter hervorgeht, wollte die BVG ursprünglich Freshfields Bruckhaus Deringer mit der Legal Opinion beauftragen. Da die Kanzlei aber ein Honorar von 100.000 bis 250.000 Euro gefordert hat, entschied sich die BVG für Clifford und deren hoch anerkannte Finanzpraxis. In der engeren Auswahl war auch Linklaters. Hier war der BVG allerdings bekannt, dass die Kanzlei ein Mandatsverhältnis mit JP Morgan unterhielt. 

Bei dem Prozess in London sind 40 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird vermutlich erst im Sommer gefällt werden.

Beteiligte Kanzleien

Quelle: ah/LTO-Redaktion mit Material der taz

Zitiervorschlag

Beraterhaftung: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10803 (abgerufen am: 25.11.2024 )

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